Aktienanalyse lernen [Anleitung 2024]
Aktienanalyse, auch bekannt als „Aktienbewertung“ oder „Unternehmensanalyse“, umfasst eine umfangreiche und kritische Untersuchung von Unternehmen und ihren Aktien aus unterschiedlichen Perspektiven. Privatanleger können beim Investieren in Aktien vieles richtig, aber auch vieles falsch machen. In diesem Artikel geht es darum, was eine Aktienanalyse bedeutet und welche Kennzahlen und Methoden dazu verwendet werden können.
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Was ist eine Aktienanalyse?
Aktienanalyse ist der systematische Prozess der Bewertung des Wertes und des Potenzials einer Aktie. Aktienanalysten versuchen somit, fundierte Entscheidungen darüber zu treffen, ob sie eine Aktie kaufen, halten oder verkaufen sollten.
Denn Aktionäre haben in der Regel ein zentrales Ziel vor Augen: hohe Renditen. Und die lassen sich möglicherweise eher erwirtschaften, wenn sichergestellt ist, dass das Unternehmen auch wirtschaftlich gut aufgestellt ist. Zudem können emotionale Fehlentscheidungen vermieden werden.
Warum Aktienanalyse lernen?
Aktienanalyse lernen kann helfen, eine sinnvolle Aktienauswahl zu treffen. Denn die Analyse von Unternehmen und deren Aktien ist nicht ganz einfach. Zudem gibt es verschiedene Ansätze und Regelwerke, um Aktien zu analysieren. So können zwei Finanzanalysten ganz unterschiedlicher Meinung sein, der eine rät zum Kauf, der andere zum Verkauf der Aktie.
Eine weitere Problematik: Zunehmend locken Experten mit sogenannten „Fundstücken“, „Rekordtrades“ oder „besten Aktien der Welt“. Solche Versprechen können Anleger leicht in die Irre führen. Daher kann es sich lohnen, unter Einsatz einer fundierten Aktienanalyse, sich selbst eine Meinung über die Aktie zu bilden.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) schreibt in ihrer Veröffentlichung zu Aktienempfehlungen kleinerer Unternehmen in Börsenbriefen:
„Machen Sie sich unbedingt selbst ein Bild von den empfohlenen Wertpapieren. Wenn Sie keine vernünftigen Informationen finden, sollten Sie die Finger von den Aktien lassen. Häufig werden in Börsenbriefen die Aktien kleiner, kaum gehandelter Unternehmen empfohlen. Die Börsenpreise dieser Aktien können sich schnell stark verändern. Dazu braucht es in der Regel nur wenige Kauf- oder Verkaufsorders.
Kommt es zum Beispiel aufgrund einer Empfehlung in einem Börsenbrief zu einem „Herdeneffekt“, also zum gleichzeitigen Kauf durch viele Anleger, so kann der Preis schnell in schwindelerregende Höhen schießen, nur um wenige Tage später wieder in sich zusammenzufallen. Schon viele Anleger haben auf diese Weise ihr Geld verloren.“
Was ist die beste Methode für eine Aktienanalyse?
Eine allgemeingültige Aktienanalyse gibt es nicht. Finanzmarktanalysten können für ihre Aktienbewertung ganz unterschiedliche Methoden, Kennzahlen und Anlagestrategien verwenden und diese auch ganz unterschiedlich interpretieren bzw. bewerten.
Zudem sollte die ausgewählte Aktienanalyse auch vom individuellen Anleger selbst abhängig sein, wie von seinem Anlagehorizont, seinem Einkommen und seiner persönlichen Bewertung bezüglich bestimmten Unternehmenskriterien.
Beispiel: Während ein Value-Investor mit langfristigem Anlagehorizont eher auf die Kennzahl langfristig verbuchte Umsätze setzt, achtet ein kurzfristig orientierter Investor mit einer Momentum-Strategie eher auf ein hohes Kurspotenzial.
Im Folgenden werden zwei bekannte Verfahren beschrieben, die mit einer Aktienanalyse oft in Verbindung gebracht werden: die fundamentale und die technische Analyse.
Fundamentale Aktienanalyse
Eine fundamentale Aktienanalyse beschäftigt sich insbesondere mit den Unternehmenskennzahlen (quantitative Kriterien). Einige davon können beispielsweise aus den Jahresabschlüssen der jeweiligen Aktiengesellschaft oder in den SEC-Filings (z.B. Form 10-K) entnommen werden. Darüber hinaus werden qualitative Kriterien (wie Wettbewerbsposition, Geschäftsmodell, Produktsortiment und Management) des Unternehmens hinterfragt.
Wichtige Kennzahlen der Fundamentalanalyse
Ein zentraler Hinweis vorab: Keine Kennzahl sollte für sich alleine in einer Aktienanalyse eingesetzt werden. Ein Gesamtbild aus mehreren Kennzahlen könnte zuverlässigere Aussagen liefern. Auch macht es Sinn, die Kennzahlen beispielsweise aus den vergangenen zehn Jahren zu prüfen und nicht nur aus dem letzten Jahr. Zudem sollten Anleger diese Kennzahlen mit denen eines Unternehmens aus derselben Branche vergleichen.
Gängige Kennzahlen der Fundamentalanalyse umfassen unter anderem:
PE Ratio (Kurs-Gewinn-Verhältnis)
Die Price Earnings Ratio oder kurz PE Ratio (dt.: Kurs-Gewinn-Verhältnis bzw. KGV) misst das Verhältnis zwischen aktuellem Aktienkurs und Gewinn pro Aktie. Das Ziel der (vergangenheitsorientierten) Kennzahl ist es, herauszufinden, ob ein Unternehmen „teuer“ oder „günstig“ ist und sich ein Kauf der Aktien lohnt: Je höher der Wert, desto „teurer“ ist ein Unternehmen. Teurer bedeutet hier, dass das Unternehmen einen hohen Aktienpreis im Vergleich zu seinen Gewinnen hat.
PEG Ratio (Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis)
Die Price/Earnings to Growth oder kurz PEG Ratio (dt.: Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis) erweitert das KGV um die Wachstumsprognose eines Unternehmens. Bei der Analyse von Wachstumswerten kann die PEG Ratio daher genauere Informationen liefern als die verwandte PE Ratio. Berechnet wird die PEG Ratio, indem die PE Ratio durch das prognostizierte Gewinnwachstum geteilt wird. Eine niedrige PEG Ratio (oft definiert als <1) ist ein erster Indikator für eine Unterbewertung und damit ein mögliches Kaufsignal.
Return on Invested Capital (ROIC)
Die Return on Invested Capital oder kurz ROIC (dt.: Rendite auf das eingesetzte Kapital) misst die Rendite auf das vom Unternehmen Investierte Kapital zum Betrieb seiner Geschäftstätigkeit. Sie ist eine zentrale Margen-Kennzahl, die zeigt, wie profitabel ein Unternehmen ist. Eine stabile oder gar steigende ROIC bei gleichzeitig stabilen Umsatz-, Gewinn- und Free-Cashflow-Wachstum über mehrere Jahre (z.B. mind. 3-5 Jahre) kann auf eine starke Marktposition hinweisen.
Verschuldungsgrad
Die Debt to Equity Ratio oder kurz D/E Ratio (dt.: Verschuldungsgrad) setzt Verbindlichkeiten eines Unternehmens mit seinem Eigenkapital ins Verhältnis. Mithilfe des Verschuldungsgrades können Investoren beurteilen, wie stark verschuldet ein Unternehmen ist. Eine hohe Quote signalisiert ein erhöhtes Risiko.
Im Unterschied zu Fremdkapitalgebern besitzen Eigenkapitalgeber (z.B. Aktionäre) einen Residualanspruch, d.h. der Anspruch des Eigenkapitalgebers wird zuletzt bedient. Dafür können Aktionäre im Fall guter Unternehmensentwicklungen mit höheren Renditen rechnen. Außerdem wachsen Unternehmen mit hoher Verschuldung häufig schneller als solche mit niedrigen Quoten.
Eigenkapitalquote
Die Equity to Asset Ratio (dt.: Eigenkapitalquote) gibt an, welcher Anteil des Vermögens durch Eigenkapital gedeckt ist. Die Equity to Asset Ratio ist eine Bilanzkennzahl, die das Eigenkapital eines Unternehmens mit dem Gesamtkapital (= Bilanzsumme) ins Verhältnis setzt.
Ein Kernaspekt der Equity to Asset Ratio ist die Frage: „Wie viel Prozent erhalte ich als Eigenkapitalgeber (Investor) von meinem Investment zurück, wenn das Unternehmen jetzt aufgelöst werden würde?“ Eine negative Eigenkapitalquote kann auf eine drohende Überschuldung hinweisen. Aus Unternehmensperspektive ist das Eigenkapital oftmals das sicherste und günstigste Kapital.
Kurs-Cashflow-Verhältnis
Das Kurs-Cashflow-Verhältnis (engl.: Price-to-Cash-Flow-Ratio oder kurz P/CF-Ratio) setzt für gewöhnlich den Operating Cash Flow (operativer Cashflow) eines Unternehmens mit seinem derzeitigen Aktienkurs ins Verhältnis.
Der Free-Cash-Flow (FCF) ist an sich eine häufig genutzte und schwer manipulierbare Unternehmenskennzahl, um die innere Finanzkraft eines Unternehmens zu überprüfen. Sie misst die liquiden Mittel, die dem Unternehmen nach Auszahlungen frei zur Verfügung stehen. Hingegen geht das Kurs-Cashflow-Verhältnis der Kernfrage nach, wie viele Zahlungsmittel im Vergleich zum Marktwert des Unternehmens in einer bestimmten Periode hinzugewonnen wurden.
Das übergeordnete Ziel eines Investors kann beispielsweise ein hoher Zahlungsmittelzufluss bei geringen Aktienkursen sein. Demzufolge wünschen sich Anleger ein geringeres Kurs-Cashflow-Verhältnis. Der KCV-Wert sinkt bei fallenden Kursen oder steigenden Cash Flows.
Gesamtkapitalrendite
Die Return on Assets oder kurz ROA (dt.: Gesamtkapitalrendite) setzt den Gewinn nach Steuern (Jahresüberschuss) eines Unternehmens ins Verhältnis zu dessen Gesamtkapital bzw. Bilanzsumme. Das Ergebnis der Berechnung wird für gewöhnlich als Prozentzahl angegeben. Grundsätzlich zeigt der Return on Assets, wie effizient ein Unternehmen sein Kapital einsetzt. Dabei werden steigende beziehungsweise hohe ROA-Werte üblicherweise als positiv bewertet. Umgekehrt können niedrige oder sinkende Werte Anlass zur Sorge geben. Dabei gilt: Je höher der ROA, desto mehr Gewinn erwirtschaftet ein Unternehmen im Vergleich zu seinem Kapital.
EBIT
Zu den bekanntesten Ertragskennzahlen gehört der Gewinn vor Zinsen und Steuern (engl.: Earnings Before Interest and Taxes oder kurz EBIT). Das EBIT stellt gewissermaßen einen bereinigten Jahresüberschuss dar bzw. den Gewinn des Unternehmens, bevor es Zinsen an die Kreditgeber sowie Steuern an den Staat bezahlen muss. Vor allem ist diese Kennzahl für einen internationalen Vergleich geeignet. So spiegelt das EBIT die operative Leistung eines Unternehmens wider. Zur genaueren Interpretation des EBIT-Wertes sollten Referenzkennzahlen, wie Kapital oder Umsatz, hinzugezogen werden.
Kurs-Buchwert-Verhältnis
Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) (engl.: Price to Book Value oder kurz PB Ratio) ist eine weitere betriebswirtschaftliche Bewertungskennzahl. Berechnet wird das KBV, indem der Aktienkurs durch den Buchwert je Aktie dividiert wird. Der Buchwert misst den buchhalterischen Wert des Eigenkapitals einer Aktiengesellschaft. Notiert der Kurs einer Aktie beispielsweise über deren Buchwert, kann dies ein Indiz für eine Überbewertung sein. Aktien, die unterhalb ihres Buchwertes notieren, können als unterbewertet eingestuft werden.
Kurs-Umsatz-Verhältnis
Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) (engl.: Price to Sales oder kurz P/S) setzt die Marktkapitalisierung eines Unternehmens mit dem Jahresumsatz ins Verhältnis. Dabei ist der Umsatz eine weitere wichtige Kennzahl an sich, der sich aus der Summe der verkauften Güter und Dienstleistungen, jeweils bewertet zu den aktuellen Verkaufspreisen, ergibt. Für gewöhnlich betrachten Investoren niedrige Werte als ein gutes Kurs-Umsatz-Verhältnis. Ein niedriger Wert bedeutet, dass ein Investor für eine Beteiligung von einem Euro einen vergleichsweise hohen Umsatz erwarten kann.
Dividendenrendite
Die Dividendenrendite setzt die jährliche Dividendenausschüttung eines Unternehmens ins Verhältnis zu dessen aktuellem Aktienkurs. Üblicherweise wird die Kennzahl mit einem Prozentwert dargestellt. Sie erhöht sich, wenn die Dividende steigt oder der Aktienkurs fällt. Die Ausschüttung einer hohen Dividendenrendite über mehrere Jahre hinweg kann auf Unternehmen mit einem soliden Geschäftsmodell hinweisen (siehe auch Dividendenstrategie).
Pro-Kopf-Umsatz
Der Pro-Kopf-Umsatz (engl.: Revenue per employee) setzt den Gesamtumsatz eines Unternehmens mit der aktuellen Mitarbeiterzahl ins Verhältnis. Demnach gibt die Kennzahl an, wie viel Geld ein Mitarbeiter im Durchschnitt erwirtschaftet hat. Einige Investoren nutzen diese Kennzahl, um die Produktivität eines Unternehmens näher bestimmen zu können: Je höher der Pro-Kopf-Umsatz, desto effizienter nutzt es das bezahlte Humankapital.
Innerer Wert (intrinsic value)
Mithilfe der Fundamentalanalyse kann schließlich der innere Wert von Unternehmen und deren Aktien festgestellt und mit dem aktuellen Preis in eine Relation gesetzt werden. Manche Investoren nutzen zur Berechnung des inneren Wertes spezielle Aktien-Tools (z.B. einen Value Rechner): Fällt der innere Wert höher aus als der aktuelle Aktienkurs, gilt dies als ein Kaufsignal.
Ein solches Vorgehen entspricht einem Value Investing in Qualitätsaktien, das insbesondere für langfristig orientierte Anleger interessant sein kann.
Qualitative Kriterien
Im Unterschied zu den oben beschriebenen quantitativen Kriterien beziehen sich die qualitativen Kriterien einer Fundamentalanalyse weniger auf die ausgewiesenen Bilanzzahlen. Qualitative Kriterien erlauben oftmals einen höheren Bewertungsspielraum in der Aktienbewertung und umfassen beispielsweise:
- Wettbewerbsposition: Je weniger Konkurrenz auf dem Markt (zukünftig) besteht, desto tendenziell besser für das Unternehmen. Verbraucher haben schließlich keine andere Möglichkeit, das Produkt oder die Dienstleistung bei einem anderen Anbieter nachzufragen. Das Unternehmen kann eher mit einer konstant hohen Nachfrage rechnen.
- Solides Geschäftsmodell: Das Unternehmen sollte ertragreich wirtschaften. Dies bedeutet beispielsweise: Kosten reduzieren, Gewinne maximieren und in zukunftsträchtige Projekte investieren.
- Produktsortiment: Außerdem sollte grundsätzlich das Produkt und die Branche hinterfragt werden. Wird das Produkt auch in Zukunft nachgefragt sein? Bietet das Unternehmen mehrere Produkte an, spricht dies für eine gewisse Diversifikation im Unternehmen selbst.
- Management: Ein gutes Management kann einen signifikant positiven Einfluss auf die Unternehmensentwicklung ausüben. Daher schauen sich professionelle Value Investoren auch den Vorstand an.
- Umgang mit ESG-Kriterien: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung sind Kriterien, die in der Finanzwelt zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ein zukunftsträchtiges Unternehmen sollte sich auch um diese Aspekte kümmern.
Bekannte Verfahren der fundamentalen Aktienanalyse
Wenn es um Aktienbewertungen geht, werden oftmals weltweit bekannte Großinvestoren genannt. Erfolgreiche Investoren lassen sich normalerweise nicht von ihren Gefühlen leiten, sondern treffen ihre Investitionsentscheidung basierend auf eine fundierte Aktienanalyse. Im Folgenden werden die präferierten Anlagegrundsätze der beiden US-amerikanischen Investoren Peter Lynch und Benjamin Graham kurz zusammengefasst.
Aktienanalyse nach Peter Lynch
Peter Lynch, geboren am 19. Januar 1944 im US-Bundesstaat Massachusetts, gehört zu den erfolgreichsten Investoren der weltweit. Er war Fondsmanager des Finanzdienstleistungsunternehmens Fidelity, mit dem er zwischen 1977 und 1990 eine durchschnittliche Jahresrendite von knapp 30% erzielte – durchweg mehr als das Doppelte des S&P500-Aktienindex.
Peter Lynch gehört zu den Vertretern der Value-Investing-Strategie. Dazu präferiert er insbesondere folgende Denkweisen:
- Setzt auf unterbewertete Qualitätsaktien mit starkem Wachstumspotential (Growth at a reasonable Price bzw. GARP)
- Beabsichtigt eine langfristige Beteiligung an Unternehmen
- Investiert in Unternehmen mit eher einfachen Geschäftsmodellen, das jeder führen könnte
- Das Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis (PEG Ratio) hat einen relativen hohen Stellenwert im Vergleich zu anderen Unternehmenskennzahlen: je niedriger, desto besser
Aktienanalyse nach Benjamin Graham
Benjamin Graham, geboren am 9. Mai 1894 in London und verstorben am 21. September 1976 in der französischen Universitätsstadt Aix-en-Provence, war ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Investor. Er hat sich im Detail mit der fundamentalen Aktienanalyse auseinandergesetzt und gilt als Vater des Value-Investings.
Im Jahr 1949 veröffentlichte Graham, das Buch “The Intelligent Investor: The definitive Book on Value Investing”. Viele Finanzanalysten halten das Werk als eine Art „Investment-Bibel“.
So hatte Benjamin Graham unter anderem folgende Ansichten:
- Setzt auf eine fundamentale Aktienanalyse und die Berechnung des inneren Wertes von Unternehmen und deren Aktien sowie die Margin of Safety
- Zu den zentralen Unternehmenskennzahlen gehören z.B.: Kurs-Gewinn-Verhältnis, Verschuldungsgrad, Kurs-Buchwert-Verhältnis und Gewinnwachstum
- Finanzmarktakteure handeln nicht immer rational, wodurch Aktien günstiger an der Börse gekauft werden können
Methoden der Aktienanalyse
In der Aktienanalyse werden ganz unterschiedliche Bewertungsmethoden genutzt, um Investitionsentscheidungen zu untermauern. Im Folgenden werden zwei bekannte, gegensätzliche Methoden vorgestellt.
Bottom-up-Ansatz
Investoren, die auf einen Bottom-up-Ansatz setzen, wählen zunächst ein einzelnes Unternehmen gezielt aus und konzentrieren sich dann auf das jeweilige Unternehmen. Sie prüfen das jeweilige Unternehmen nach gängigen Unternehmenskennzahlen, entsprechend der Fundamentalanalyse. Das allgemeine Ziel: vom (soliden) Wachstumspotential eines einzelnen Unternehmens profitieren.
Top-down-Ansatz
Im Unterschied zum Bottom-up-Ansatz werden bei der Top-down-Analyse zunächst gesamtwirtschaftliche Kriterien hinterfragt. Dementsprechend konzentrieren sich Investoren auf makroökonomische Faktoren, wie die mögliche Entwicklung von ganzen Märkten, Branchen und Ländern.
Konjunkturindikatoren können dabei helfen, die Wirtschaftslage einzelner Länder näher zu analysieren. Dazu gehört unter anderem die derzeitige Arbeitsmarktdaten, Inflation, Bruttoinlandsprodukt oder das Zinsniveau. Erst danach können einzelne Unternehmen, beispielsweise aus dem scheinbar aussichtsreichen Sektor, ausgewählt werden. Das allgemeine Ziel: von großen Trends profitieren.
Top-down vs. Bottom-up
Die Wahl zwischen Top-down und Bottom-up bei der Aktienanalyse hängt von den persönlichen Zielen, dem Zeithorizont und der Risikobereitschaft ab.
Beispielsweise könnte sich eine Top-Down-Analyse eher im Zuge eines Bärenmarktes lohnen, weil dabei makroökonomische Entwicklungen mehr Berücksichtigung finden. Investoren können auch beide Analysemethoden im Zuge unterschiedlicher Aktienkäufe anwenden oder die beiden Ansätze miteinander kombinieren.
Die folgende Tabelle fasst einige zentrale Aspekte, die mit den beiden Ansätzen eher verbunden sein können, zusammen.
Bottom-up-Ansatz | Top-down-Ansatz | |
Übersetzung | Von unten nach oben | Von oben nach unten |
Erster Fokus | Fundamentalanalyse (eher quantitative Analyse) | Makroökonomische Entwicklung (eher qualitative Analyse) |
Erster Analyseschritt | Auswahl eines Unternehmens | Gesamtwirtschaftliche Entwicklung (z.B. Markt, Branche, Land) |
Verwendete Kennzahlen
(Beispiele) |
Kurs-Gewinn-Verhältnis, Eigenkapitalquote, Gesamtkapitalrendite | Bruttoinlandsprodukt, Zinssätze, Inflation |
Umsetzung der Strategie | Kauf von Einzelaktien | ETFs aus bestimmten Sektoren |
Annahme | Ausgewählte Unternehmen, die aus einer wenig zukunftsträchtigen Branche kommen, können profitabel sein | Sämtliche Unternehmen, die aus einer wenig zukunftsträchtigen Branche kommen, können nicht profitabel sein |
Technische Aktienanalyse
Die technische Analyse ist eine Handelsstrategie, die einen Fokus auf die vergangene Aktienkursentwicklung (d.h. Chart-Historie) legt. Das Ziel der technischen Analyse ist nicht, die Zukunft vorherzusagen, sondern die Wahrscheinlichkeit eines guten Einstiegs weiter zu verbessern.
Zu den bekanntesten technischen Aktienanalysen gehört die Momentum-Strategie, die insbesondere die historische Volatilität von Aktienkursen berücksichtigt.
In ihrer Anwendung lässt sie sich wie folgt untergliedern:
- Long-Only Momentum-Strategien: Starke Aktien werden gekauft
Hierbei werden kurzfristige Aufwärtsbewegungen gesucht, mit der Annahme, dass steigende Kurse weiter ansteigen. Dementsprechend kaufen Anleger Aktien, die in jüngster Vergangenheit (z.B. sechs Monate) hohe Renditen erzielten. - Long/Short Momentum-Strategien: Starke Aktien werden gekauft, gleichzeitig schwache verkauft
Hierbei werden nicht nur Aktien gekauft, sondern auch Aktien mit sinkenden Kursen verkauft. Dementsprechend sucht der Anleger zudem Aktien, die in jüngster Vergangenheit (z.B. sechs Monate) schwache Renditen erzielten.
Gängige Indikatoren
Zu den gängigen Indikatoren der technischen Aktienanalyse gehören beispielsweise:
Gleitender Durchschnitt
Gleitende Durchschnitte stellen eine Methode zur Glättung von beispielsweise Aktienpreisbewegungen dar. Häufig wird diese Methode mit der Zeitreihenanalyse in Verbindung gebracht – eine Zeitreihe besteht aus mehreren Beobachtungen der gleichen Variable zu verschiedenen Zeitpunkten. Der einfache gleitende Durchschnitt ist die Folge der arithmetischen Mittel von n aufeinanderfolgenden Datenpunkten.
Technische Aktienanalysten nutzen häufig diese Methode, um Markttrends zu erkennen. Der gleitende 20-Tage-Durchschnitt, beispielsweise, ist ein Indikator, der den Durchschnittspreis der letzten 20 Kerzen berechnet. Er wird unter anderem genutzt, um Kursausbrüchen aufzuspüren.
Gleitende Durchschnitte sind in vielen Handelsplattformen verfügbar und können unter anderem auf dem Finanzportal Tradingview.com mit abgebildet werden.
Bollinger-Bänder
Bollinger-Bänder geben Investoren einen Anhaltspunkt, wann der Aktienkurs signifikant gefallen oder gestiegen ist.
Mit anderen Worten: Bollinger Bänder bzw. Standardabweichungen können zeigen, wann ein Aktienkurs so stark gefallen ist, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass es zu einer Gegenbewegung (sog. Short-Term-Reversal) kommt.
Bollinger-Bänder basieren auf einer Normalverteilung und können ebenfalls auf dem Finanzportal Tradingview.com mit abgebildet werden.
Put-Call-Ratio
Die Put-Call-Ratio bildet das relative Handelsvolumen von Put- und Call-Optionen auf einen bestimmten Basiswert ab. Dieses Verfahren wird oft als Instrument zur Bewertung von Wertpapieren und der Analyse der gegenwärtigen Marktstimmung verwendet. Eine hohe Anzahl an Put-Optionen im Verhältnis zu Call-Optionen indiziert eine bärische Stimmung. Umgekehrt wird ein Übergewicht der Call-Optionen als ein Indikator für eine bullische Anlegerstimmung angesehen.
Fundamentale vs. technische Analyse
Die folgende Tabelle fasst allgemeine Grundsätze sowie einige zentrale Unterschiede zwischen der Fundamentalanalyse und der technischen Analyse zusammen:
Fundamentalanalyse | Technische Analyse | |
Anlagestrategie | Value Investing in Qualitätsaktien | z.B. Momentum Strategie |
Berücksichtigte Kennzahlen | Insbesondere Unternehmenskennzahlen und makroökonomische Faktoren | Insbesondere vergangene Aktienkursentwicklungen |
Perspektive | Eher zukunftsorientiert (z.B. PEG Ratio und qualitative Analyse) | Eher vergangenheitsorientiert |
Anlagehorizont | Eher langfristig | Eher kurzfristig |
Grundidee | Profitieren von Unterbewertungen an den Börsen | Profitieren von Trends |
Strategie | Stabile Unternehmen heraussuchen, die in der Zukunft nachhaltige Gewinne generieren können | Von möglichem Herdenverhalten profitieren |
Unternehmensbewertung | Zentraler Fokus | Irrelevant |
Volatilität | Eher geringer | Eher höher |
Chance-Risiko-Verhältnis | Eher geringer | Eher höher |
Aktienanalyse als Schlüssel zum Erfolg?
Die Anwendung einer fundierten Aktienanalyse ist kein Garant für Kursgewinne. Wer mit Aktien handelt, muss sich sowohl auf Gewinne als auch auf Verluste im Portfolio einstellen. Allerdings kann eine fundierte Aktienanalyse dabei helfen, Renditen aus einer Unternehmensbeteiligung langfristig zu erhöhen. Zudem können emotionale Fehlentscheidungen vermieden werden, wenn Anleger ihre Investitionsentscheidungen mit Hilfe durchdachter Regelwerke treffen. Und ein weiterer Punkt: Aktive Investoren erweitern ihre finanzielle Bildung und können dadurch unabhängiger agieren.
Häufige Fragen
Was sind die wichtigsten Faktoren einer Aktienanalyse?
Drei Aspekte können die Ergebnisse einer Aktienanalyse maßgeblich beeinflussen:
- Unternehmenskennzahlen (entsprechend der Fundamentalanalyse)
- Zukünftige Nachfrage nach den Produkten/Dienstleistungen des Unternehmens (z.B. Wettbewerbsanalyse, Prüfung des Geschäftsmodells, Analyse zukünftiger Trends)
- Umgang mit ESG-Kriterien (d.h. Umwelt, Soziales und Unternehmensführung)
Zudem geht es bei einer Aktienanalyse nicht nur darum, ob das Unternehmen zukünftig gut wirtschaften könnte. Auch der aktuelle Aktienkurs an sich sollte geprüft werden. Idealerweise sollte dieser unter dem fundamentalen Wert des Unternehmens - auch bekannt als innerer Wert - liegen.
Was sind die Vorteile und Nachteile der fundamentalen Aktienanalyse?
Die folgenden Auflistungen fassen einige zentrale Vor- und Nachteile der fundamentalen Aktienanalyse bzw. Value Investing in Qualitätsaktien zusammen:
Zusammenfassung: Vorteile der Fundamentalanalyse
✅ Chance, eine Outperformance zu erzielen
✅ Handeln nach Regelwerken, emotionale Fehlentscheidungen werden vermieden
✅ In der Vergangenheit konnten bekannte Value Investoren Überrenditen vereinnahmen (z.B. Warren Buffett und Peter Lynch)
✅ Eignet sich im Speziellen für Privatanleger mit langfristigem Anlagehorizont
✅ Auch möglich für Anleger mit geringem Anlagevermögen
✅ Das Investieren in günstige Qualitätsaktien (z.B. Unternehmen mit geringer Fremdkapitalquote oder Alleinstellungsmerkmal) könnte sich in Zeiten zunehmender Inflationsraten eher lohnen - im Vergleich zu anderen Finanzprodukten (z.B. Festgeld, Growth Aktien)
✅ Es gibt kostenlose und proprietäre Tools und Software, die eine Aktienbewertung erleichtern können
Zusammenfassung: Nachteile der Fundamentalanalyse
❌ Das Handeln mit Aktien ist immer mit Risiken verbunden, auch wenn eine Value Investing angewandt wird
❌ Fundamentalanalyse kann kompliziert und zeitaufwendig sein
❌ Weniger geeignet für Anleger mit kurzem Anlagehorizont, da ggf. kurzfristige Kursschwankungen akzeptiert werden müssen
❌ Erfordert eine gewisse finanzielle Bildung
❌ Trotz detaillierter Fundamentalanalyse können beispielsweise politische Einflüsse oder unkluge Entscheidungen des Managements den Aktienkurs deutlich verringern
❌ Value Traps (deutsch: Wertfalle bzw. Anlegerfalle) möglich
Was sind Value Traps?
Manche Value Investoren sprechen von sogenannten Value Traps, wenn sie mit ihrer ausgewählten Aktie deutliche Verluste erleiden. Zwar sprachen die typischen Bewertungskennzahlen (insbesondere qualitative wie Kurs-Gewinn-Verhältnis oder Buchwert je Aktie) für das Vorliegen einer günstigen Aktie, jedoch ist der Kurs noch weiter gefallen.
Beispiel für einen Value Trap: In der Vergangenheit entpuppten sich vor allem Banken immer wieder als Value Traps. Allein in Deutschland sind sowohl die Commerzbank als auch die Deutsche Bank ein Beispiel dafür, dass scheinbar niedrige Bewertungen nicht immer steigende Kurse bedeuten müssen. Bei beiden Unternehmen sanken Margen und Gewinne. Die Nachfrage ging zurück und der Unternehmenswert ebenfalls.
Die Kurseinbrüche waren folglich keine Reaktion auf kurzfristige Übertreibungen am Markt, sondern Ausdruck eines sinkenden Unternehmenswertes. Investoren, die hier mit einem Value Gedanken eingestiegen sind, haben mit diesen Investments mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Verlust erwirtschaftet.
Was sind die Vorteile und Nachteile der technischen Aktienanalyse?
Die folgenden Auflistungen fassen einige zentrale Vor- und Nachteile der technischen Aktienanalyse zusammen:
Zusammenfassung: Vorteile der technischen Analyse
✅ Hohe Renditechancen möglich
✅ Einfache Umsetzung
✅ Eignet sich im Speziellen für spekulative Anleger mit kurzfristigem Anlagehorizont
Zusammenfassung: Nachteile der technischen Analyse
❌ Hohe Verlustrisiken angesichts größerer Volatilität möglich
❌ Vernachlässigung des zukünftigen Potenzials eines Unternehmens, da der Fokus auf die historische Chart-Entwicklung liegt
❌ Hohe Transaktionskosten
❌ Anleger muss mit hohen Kursschwankungen umgehen können, emotionale Fehlentscheidungen könnten eher auftreten als z.B. beim Value Investing
Kostenloses Webinar + PDF: So handelst du profitabel mit Optionen und generierst ein Zusatzeinkommen
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