Piotroski F-Score – Erklärung & Berechnung

Autor: Pit Wilkens Inhaltlich geprüft von: Philipp Berger

Der Piotroski F-Score, auch bekannt als „Piotroski Financial Score“ oder „Piotroski Wert“, ist eine quantitative Bewertungskennzahl zur Ermittlung der finanziellen Stärke eines Unternehmens. Den Namen hat das Verfahren von seinem Entwickler, dem Standford-Professor Joseph Piotroski. Investoren können den Piotroski F-Score beispielsweise nutzen, um eine Investitionsentscheidung anhand klar definierter Kriterien zu treffen oder bestehende Investitionen zu überwachen.

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Piotroski F-Score – Definition & Erklärung

Nutzt ein Bewerter den Piotroski F-Score, überprüft er feststehende Faktoren beziehungsweise Meilensteine und vergibt einen Punkt, sobald ein Unternehmen das jeweilige Kriterium erfüllt. Die einzelnen Kriterien sind dabei in die folgenden Gruppen unterteilt:

Profitabilität

1. Positiver Nettogewinn
2. Positiver operativer Cash Flow
3. Operativer Cash Flow größer als Nettogewinn
4. Return on Assets über Vorjahresniveau

Leverage, Liquidität & Finanzierung

5. Verschuldungsgrad niedriger als im Vorjahr
6. Current Ratio höher als im Vorjahr
7. Anzahl umlaufender Aktien kleiner oder gleich Vorjahr

Operative Effizienz

8. Bruttomarge höher als im Vorjahr
9. Kapitalumschlag höher als im Vorjahr

Der Piotroski F-Score bewertet ein Unternehmen mit einer Zahl zwischen null und neun. Ein F-Score von neun stellt die beste Bewertung dar, ein Score von null das schlechteste Ergebnis. Der Ansatz dieser Methodik geht dabei von einem Kennzahlenvergleich mit dem Vorjahr aus. Der Piotroski F-Score bewertet primär die Entwicklung eines Unternehmens, weniger dessen statischen Zustand.

Hinweis: Im Rahmen der Entwicklung des Piotroski F-Scores hat Piotroski eine Einführungsstudie publiziert, die auf 42 Seiten die Details und Herleitungen der Bewertungsmethode darlegt. Für die Verwendung des Scores ist die Lektüre dieser Ausarbeitung nicht notwendig.

Erläuterungen zur Profitabilität

Den größten Anteil am Piotroski F-Score hat mit vier von möglichen neun Punkten die Profitabilität eines Unternehmens.

  • Positiver Nettogewinn: Ein Gewinn nach Steuern ist nach Piotroski die Basis für ein Qualitätsunternehmen. Der Gewinn gilt als Nachweis, dass ein Unternehmen nach Abzug aller Kosten profitabel arbeitet.
  • Positiver operativer Cashflow: Als Ergänzung für den Gewinn findet der Cash Flow Anwendung. Dieser gilt im Vergleich zum Gewinn als weniger „manipulierbar“ und liefert einen Indikator für die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens.
  • Operativer Cash Flow größer als Jahresüberschuss: Auch aufgrund der möglichen Einflussnahme auf den Nettogewinn eines Unternehmens vergleicht Piotroski Gewinn und operativen Cash Flow miteinander.
  • Gesamtkapitalrendite (engl. „Return on Assets“, „ROA“) größer als im Vorjahr: Abschließend liefert der Return on Assets einen weiteren Hinweis auf die Ertragslage eines Unternehmens. Je höher der Return on Assets, desto mehr Gewinn kann ein Unternehmen grundsätzlich mit dem zur Verfügung stehenden Kapital erwirtschaften. Einen absoluten Zielwert gibt es für diese Kennzahl nicht. Vielmehr soll ein Unternehmen in der Lage sein, den Return on Assets kontinuierlich zu steigern.

Erläuterungen zu Leverage, Liquidität & Finanzierung

Im zweiten Abschnitt des Scorings werden ebenfalls Vergleichswerte gebildet.

  • Verschuldungsgrad niedriger als im Vorjahr: Zunächst wird der Verschuldungsgrad eines Unternehmens bewertet. Die absolute Höhe ist dabei nicht entscheidend. Stattdessen muss das Unternehmen seinen prozentualen Fremdkapitalanteil im Vergleich zum Vorjahr gesenkt haben. Aus Investorensicht erhöht ein sinkender Verschuldungsgrad grundsätzlich die Stabilität eines Unternehmens. Aus diesem Grund findet diese Anforderung für den Piotroski F-Score Berücksichtigung.
  • Current Ratio (Liquidität dritten Grades) höher als im Vorjahr: Ein weiterer Faktor der Bewertungslogik nach Piotroski ist die Analyse der Current Ratio. Im deutschen Sprachgebrauch wird diese Kennzahl auch Liquidität 3. Grades genannt. Vereinfacht werden bei der Current Ratio Umlaufvermögen und kurzfristige Verbindlichkeiten eines Unternehmens ins Verhältnis gesetzt. Eine steigende Current Ratio kann auf ein gesunkenes Liquiditätsrisiko hindeuten, da ein Unternehmen sein Umlaufvermögen grundsätzlich kurzfristig veräußern kann. Je niedriger die Current Ratio, desto höher das Risiko, beispielsweise Anlagevermögen zur Deckung kurzfristiger Verbindlichkeiten verkaufen zu müssen.
  • Anzahl umlaufender Aktien kleiner oder gleich Vorjahr: Den zweiten Bewertungsabschnitt schließt die Bewertung der Aktienanzahl ab. Konstante oder sinkende Werte sind für dieses Kriterium gefordert. Ein Unternehmen kann beispielsweise durch den Rückkauf eigener Aktien die Anzahl der Aktien im Umlauf senken. Dies erhöht Gewinnanspruch und somit Unternehmenswert pro Aktie – vorausgesetzt, es wird nicht zu überteuerten Kursen rückgekauft. Umgekehrt stellt eine Erhöhung der Aktienanzahl eine Verwässerung des Wertes dar, die sich tendenziell negativ auf Bestandsaktionäre auswirkt. Eine Erhöhung der Aktienanzahl kann beispielsweise durch Kapitalerhöhungen oder Optionsprogramme entstehen.

Erläuterungen zur Effizienz

Zwei weitere Punkte gelten der Prüfung des operativen Erfolgs.

  • Bruttomarge (Gross Margin) höher als im Vorjahr: Die Gross Margin (Bruttomarge oder Rohmarge) beschreibt den Betrag, der nach Abzug der Umsatzkosten (COGS) vom Umsatz übrig bleib. Diesen Betrag steht dem Unternehmen beispielsweise zur Deckung der Gemeinkosten, Finanzierungskosten und im Anschluss für Ausschüttungen oder Reinvestitionen zur Verfügung. Für einen Punkt muss die Gross Margin im Vorjahresvergleich angestiegen sein.
  • Kapitalumschlag (Asset Turnover) höher als im Vorjahr: Das letzte Kriterium ist der Kapitalumschlag. Diese Kennzahl vergleicht den Umsatz eines Unternehmens mit dessen Bilanzsumme. Das Ziel ist auch hier ein steigender Wert. Dieser kann auf eine erhöhte Effizienz des Unternehmens hindeuten. Steigt das Gesamtkapital eines Unternehmens an, kann ein Investor auch steigende Umsatzerlöse erwarten. Durch dieses Kriterium im Piotroski F-Score können Investoren überprüfen, ob sich eine Unternehmensbilanz „aufbläht“ ohne einen Mehrwert zu liefern.

Piotroski F-Score – Interpretation und Skala

Nach Piotroski dient der F-Score hauptsächlich der Einschätzung von Value-Aktien. Während der Entstehung der Kennzahl lag der Fokus beispielsweise auf Werten mit einem niedrigen Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Je geringer diese Kennzahl, desto höher ist die potenzielle Unterbewertung einer Aktie.

In der Praxis ist die Frage nach dem Grund für niedrige Bewertungen wesentlich. Unterschreitet die Marktkapitalisierung eines Unternehmens den eigenen Bilanzwert, kann dies auf Probleme hindeuten, die bisher noch nicht der breiten Masse der Anleger bekannt sind. Alternativ kann es sich tatsächlich um eine Unterbewertung handeln, wenn das Unternehmen beispielsweise keine substanziellen Probleme aufweist. Der Piotroski F-Score kann einen Hinweis darauf liefern, welches der beiden Szenarien zutrifft, da er die fundamentale Qualität eines Unternehmens überprüft.

Piotroski F-Score Skala

Werte von sieben bis neun gelten dabei als wünschenswert. Piotroski bezeichnet Aktien mit einem Score von acht oder neun als gutes Investment. Werte unter drei sind dagegen ein Indikator für mögliche Probleme.

Die Untersuchung, die dem F-Score zugrunde liegt, zeigte beispielsweise, dass das Insolvenzrisiko von Unternehmen mit F-Scores unter drei über dem Insolvenzrisiko des Gesamtmarktes liegt. Umgekehrt konnten Aktien mit einem hohen Score im Betrachtungszeitraum eine Überrendite von durchschnittlich 7,5 % pro Jahr erzielen.

Kombination mit anderen Kennzahlen

Wie bereits in den Ausführungen von Piotroski selbst erkennbar, handelt es sich beim F-Score um kein alleiniges Anlagekriterium. Vielmehr ist der Piotroski F-Score ein ergänzendes Werkzeug zur fundamentalen Unternehmensanalyse. Eine Kombination mit anderen Konzepten und Kennzahlen kann daher die Aussagekraft des F-Score erheblich steigern.

Beispielsweise kann ein Investor im Vorfeld festlegen, in welche Unternehmen er grundsätzlich investieren möchte. Er wählt etwa Pharmaunternehmen mit einer Marktkapitalisierung über 50 Millionen USD. Um mögliche Unterbewertungen zu erkennen, analysiert der Investor die entsprechenden Unternehmen anhand ihrer PE-Ratio, der PB-Ratio und der Price to Sales Ratio.

In diesem Szenario kann der Piotroski F-Score die fundamentalen Daten des Unternehmens zur Geltung bringen. Alle drei vorgenannten Kennzahlen beziehen sich auf den gegenwärtigen Börsenwert des Unternehmens sowie eine bilanzielle Kennzahl. Daher lassen sie nur bedingt Rückschlüsse auf die finanzielle Gesundheit des Unternehmens zu. Der Piotroski F-Score ermöglicht dagegen eine genauere Einschätzung der finanziellen Unternehmenssituation und kann die verwendeten Kennzahlen sinnvoll ergänzen.

Ein möglicher Ansatz wäre in diesem Zusammenhang beispielsweise, nicht in das Unternehmen mit der niedrigsten Bewertung zu investieren, sondern stattdessen das Unternehmen mit der geringsten Bewertung für einen vorab definierten F-Score auszuwählen. Dies kann das Risiko des Investors senken, einer sogenannten „Value Trap“ zu erliegen. Dieser Begriff bezeichnet Unternehmen, die zwar unterbewertet erscheinen, es jedoch tatsächlich aufgrund schlechter Fundamentaldaten nicht sind.

Hinweis: Der Piotroski F-Score gilt als nützliches Werkzeug für Value Investoren. Kennzahlen, die eine Unter- oder Überbewertung signalisieren, berücksichtigen die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens kaum. Der F-Score legt seinen Fokus genau auf diesen Sachverhalt und kann damit ergänzend im Value Investing eingesetzt werden.

Screening mit dem Piotroski F-Score

Neben der Analyse bereits bekannter Investitionsalternativen kann der F-Score auch verwendet werden, um Unternehmen zu identifizieren, die möglicherweise ein gutes Investment darstellen und dem Anleger bisher nicht bekannt waren. Dem Investor müssen dabei entsprechende Daten für die Unternehmen eines Marktes, einer Region oder einer Börse vorliegen. Alternativ gibt es verschiedene Auskunftsplattformen, bei denen der F-Score abgerufen werden kann. Die Aktien mit den höchsten F-Scores können im Nachgang durch den Anleger nach weiteren Kriterien analysiert werden.

Vorteilhaft an diesem Vorgehen kann für den Investor der Umstand sein, dass auch Unternehmen in den Blickwinkel rücken, die ansonsten eher unscheinbar sind. Diesen Unternehmen kann beispielsweise die mediale Öffentlichkeit fehlen. Dennoch kann es sich um attraktive Investments handeln, die dem Investor sonst möglicherweise verborgen geblieben wären.

Hinweis: Bei der Vorauswahl von Aktien mit dem Piotroski F-Score können die Ergebnisse im Gegensatz zu den Erwartungen des Investors oder der eigenen Portfoliostruktur stehen. Beispielsweise können nur Aktien der Automobilindustrie akzeptable Scores aufweisen. Ist der Investor für seine Einschätzung hier ausreichend engagiert, ist der Mehrwert des Scores eher gering.

Depotüberprüfung mit dem Piotroski F-Score

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit des F-Scores ist die Überprüfung von Depotwerten. Investoren können das Scoring nutzen, um eine Kurzanalyse ihrer gegenwärtigen Investments zu realisieren. Ob und in welchen Abständen diese Depotüberprüfung erfolgt, obliegt dem Investor selbst.

Durch die regelmäßige Berechnung des F-Scores können mögliche Risiken und Negativentwicklungen frühzeitig aufgezeigt werden. Dies verschafft dem Investor die Möglichkeit, die Unternehmen, deren F-Score drastisch gefallen ist, gezielt zu untersuchen. Im Anschluss kann eine fundierte Entscheidung über den Verbleib der Aktie im Portfolio getroffen werden.

Hinweis: Einige Anleger nutzen den Piotroski F-Score für als einen inversen Indikator. Besonders geringe Scorings können ein Indikator für zukünftige Kursverluste sein. Mit entsprechenden Handelsstrategien können auch daraus Gewinne generiert werden. Eine Aussage, ob die Kurse tatsächlich steigen oder sinken beziehungsweise wann diese Reaktion stattfindet, kann der Piotroski F-Score jedoch nicht liefern.

Nachteile der Methodik

Neben den verschiedenen Anwendungsbereichen ist der Piotroski F-Score nicht für jede Aktie oder jedes Unternehmen geeignet. Beispielsweise können bei Start-ups verschiedene der geforderten Kriterien dieser Bewertungsmetrik nicht erfüllt werden. Daher gelten junge Unternehmen nach Betrachtung des F-Scores häufig als weniger attraktiv. Sinkende Verschuldungsgrade und konstant positive Betriebsergebnisse sind zwei Anforderungen, die Start-ups beispielsweise nur selten erfüllen. Daher kann der F-Score seine volle Aussagekraft nur bei etablierten Unternehmen entfalten.

Darüber hinaus ermöglicht der Piotroski F-Score keine Bewertung des aktuellen Aktienkurses. Über- und Unterbewertungen können maximal vermutet werden. Der F-Score fokussiert sich stattdessen auf die grundlegende Qualität eines Unternehmens. Das Unternehmen kann dabei jedoch trotzdem überbewertet sein. Eine Aktie mit einem F-Score von 9 zeugt folglich von hoher Qualität. Ob die Aktie derzeit fair bewertet ist, geht aus dem F-Score nicht hervor.

Abhängig von den übergeordneten Wirtschaftszyklen kann der Piotroski F-Score stark schwanken. Beispielsweise erreichte der Score des Gesundheitskonzerns Johnson & Johnson innerhalb von zehn Jahren einen Spitzenwert von acht und als geringsten Wert eine Eins. Dieser Umstand ist ein weiteres Indiz dafür, dass der F-Score als Ergänzung zu anderen Analysewerkzeugen dienen kann, aber nicht als alleinstehendes Entscheidungsmodell.

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