Owner Earnings – Definition & Berechnung

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Owner Earnings (deutsch etwa: „Eigentümergewinne“) ist eine von Warren Buffett 1986 eingeführte Kennzahl zur Bewertung des tatsächlichen Ertragswerts eines Unternehmens für seine Eigenkapitalgeber. Sie bereinigt den Unternehmensgewinn um nicht zahlungswirksame Aufwendungen sowie um notwendige Reinvestitionen und liefert damit eine objektivere Grundlage für die Unternehmensbewertung.

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Owner Earnings  – Definition

Owner Earnings bezeichnen den tatsächlich verfügbaren Gewinn eines Unternehmens, der nach Abzug aller notwendigen Ausgaben zur Erhaltung des laufenden Geschäftsbetriebs verbleibt. Die Kennzahl zeigt, welchen nachhaltigen Ertrag ein Unternehmen seinen Anteilseignern bzw. Aktionären langfristig effektiv erwirtschaftet.

Entstehung der Kennzahl

Das Konzept der Owner Earnings wurde erstmals 1986 im Shareholder Letter von Berkshire Hathaway ausführlich erläutert und definiert. Executive Chairman (Vorsitzender / CEO) zu diesem Zeitpunkt ist Warren Buffett.

In dem Brief erläuterte Buffett, warum herkömmliche Gewinnkennzahlen wie der Net Income (Nettogewinn) oft kein realistisches Bild der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens vermitteln, insbesondere im Hinblick auf den tatsächlichen Kapitalzufluss für die Eigenkapitalgeber.

Zur Veranschaulichung führte Buffett ein Beispiel an, bei dem zwei Versionen desselben Unternehmens gegenübergestellt wurden:

  • In einem Szenario erzielte das Unternehmen einen ausgewiesenen Gewinn von 40,2 Millionen US-Dollar,
  • im anderen lediglich 28,6 Millionen US-Dollar.

Der Unterschied beruhte ausschließlich auf bilanztechnischen Effekten durch die Übernahme des Unternehmens durch Berkshire Hathaway – insbesondere durch sogenannte Purchase Price Adjustments, etwa Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte (Goodwill) und Neubewertungen von Vermögensgegenständen. Beide Varianten des Unternehmens erwirtschafteten jedoch identische Zahlungsflüsse.

Um die Diskrepanz zwischen dem buchhalterischen Gewinn und der wirtschaftlichen Realität zu überbrücken, definierte Buffett die Owner Earnings als eine substanziellere Kennzahl, um die tatsächliche Ertragskraft eines Unternehmens aus Aktionärssicht zu beurteilen.

Warum Warren Buffett den Nettogewinn für irreführend hält

Warren Buffett kritisiert nicht nur den Nettogewinn (Net Income) selbst, sondern auch viele darauf basierende Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV/PE Ratio) oder Return on Sales (Umsatzrendite).

Sein zentrales Argument: Der ausgewiesene Gewinn spiegelt oft nicht die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens wider.

Verzerrungen durch M&A-Transaktionen

Bei Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) werden die Vermögenswerte des übernommenen Unternehmens im Zuge der Kaufpreisallokation neu bewertet. Das führt zu bilanziellen Anpassungen, die in der Gewinn- und Verlustrechnung wirksam werden – oft ohne operativen Bezug.

Ein häufiges Ergebnis solcher Transaktionen ist die Entstehung von Goodwill (Firmenwert), also einem Aufpreis auf den Substanzwert des übernommenen Unternehmens. Dieser kann später abgeschrieben werden, was den Gewinn künstlich verringert, ohne dass tatsächlich Mittel abfließen.

Unterschiedliche Rechnungslegungsstandards

Buffett weist zudem darauf hin, dass der ausgewiesene Gewinn stark von den angewandten Bilanzierungsregeln abhängt. Unterschiedliche Standards wie HGB, US-GAAP oder IFRS können zu erheblichen Abweichungen im ausgewiesenen Ergebnis führen, obwohl sich an der wirtschaftlichen Realität nichts geändert hat.

Die Wahl des Rechnungslegungsrahmens beeinflusst somit sowohl die Bilanzstruktur als auch die Aussagekraft des Nettogewinns.

Fragwürdige Wirkung von Abschreibungen

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft Abschreibungen, also die planmäßige Verteilung des Anschaffungswerts von Anlagegütern über ihre erwartete Nutzungsdauer. Buffett merkt an, dass viele Vermögensgegenstände (z. B. Maschinen) in der Praxis weit über ihre bilanziell angesetzte Lebensdauer hinaus verwendet werden. Dennoch mindern ihre Abschreibungen jährlich den Gewinn, obwohl kein realer Werteverzehr im gleichen Maße erfolgt.

Buffett bringt seine Haltung mit einem Zitat von John Maynard Keynes auf den Punkt:

„I would rather be vaguely right than precisely wrong.“

Der Nettogewinn ist für ihn häufig „präzise falsch“, weil er systematisch verzerrt sein kann. Die von ihm eingeführten Owner Earnings mögen auf Schätzungen beruhen – sind aber „grob richtig“ und bieten seiner Meinung nach eine bessere Grundlage für Unternehmensbewertungen.

Owner Earnings – Formel & Berechnung

Die Owner Earnings berechnen sich, indem man zum Nettogewinn alle nicht zahlungswirksamen Aufwendungen addiert und davon die für den Fortbestand des Unternehmens erforderlichen Reinvestitionen sowie Veränderungen im Working Capital abzieht.

Die Formel lautet:

Owner~Earnings=Nettogewinn+Abschreibungen~und~Amortisationen+/-andere~nicht~Cash-wirksame~Positionen-Kapitalkosten~für~Instandhaltung+/-Änderungen~im~Working~Capital

Zur Berechnung werden folgende Bestandteile benötigt:

  • Nettogewinn
  • Abschreibungen und Amortisationen
  • Weitere nicht zahlungswirksame Anpassungen
  • Investitionen zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit
  • Veränderungen im Working Capital

Hinweis: Ausgangspunkt der Berechnung ist der Nettogewinn aus der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Abschreibungen und ähnliche nicht zahlungswirksame Posten finden sich ebenfalls in der GuV. Die notwendigen Reinvestitionen und Working-Capital-Veränderungen können aus der Bilanz oder dem Cash Flow Statement (Kapitalflussrechnung) entnommen werden.

Ziele der Berechnungsmethodik

Die Berechnung der Owner Earnings soll bilanzielle Verzerrungen ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards oder Bewertungsansätzen ergeben. Dafür wird der ausgewiesene Gewinn um jene Positionen ergänzt oder korrigiert, die aus wirtschaftlicher Sicht berücksichtigt werden sollten. Das Ziel ist eine standardunabhängige und vergleichbare Kennzahl für weiterführende Analysen.

Konzeptionell ähneln die Owner Earnings dem Cash Flow, da beide auf den tatsächlichen Geldzuflüssen basieren – nicht auf rein buchhalterischen Größen. Anders als klassische Cashflow-Kennzahlen beziehen die Owner Earnings jedoch Elemente aus mehreren Bereichen der Kapitalflussrechnung ein und lassen sich daher nicht direkt mit ihr gleichsetzen.

Hinweis: Der Free Cash Flow (FCF) kommt dem Konzept der Owner Earnings am nächsten. Die Unterschiede zwischen beiden Kennzahlen werden im weiteren Verlauf näher erläutert.

Abschreibungen und Amortisationen

Abschreibungen und Amortisationen stellen keine tatsächlichen Zahlungsflüsse dar. Sie sind rein kalkulatorische Werte, die den bilanziellen Wertverzehr von Anlagegütern abbilden und den Nettogewinn mindern, ohne dass dem ein Mittelabfluss gegenübersteht.

Für die Berechnung der Owner Earnings werden sie daher wieder zum Nettogewinn addiert, da der tatsächliche Geldabfluss nur im Anschaffungsjahr erfolgt.

Statt der bilanziellen Abschreibung berücksichtigt das Konzept der Owner Earnings die tatsächlich notwendigen Instandhaltungsinvestitionen – also nur jene Ausgaben, die zur Erhaltung der Geschäftstätigkeit erforderlich sind. Diese können vom Unternehmen flexibel gesteuert werden, während gesetzliche Abschreibungsregeln – etwa nach der AfA-Tabelle in Deutschland – starre Nutzungsdauern vorgeben, die von der realen Lebensdauer abweichen können.

Hinweis: Im Cash Flow Statement werden Abschreibungen im Bereich des operativen Cashflows („Operating Cash Flow“) als nicht zahlungswirksame Aufwendungen wieder neutralisiert.

Nicht Cash-wirksame Änderungen

Zu den nicht zahlungswirksamen Posten zählen alle Aufwendungen, die zwar in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden, aber in der betrachteten Periode keinen tatsächlichen Geldabfluss verursachen. Dazu gehören etwa Pensionsrückstellungen, latente Steuern oder Wertberichtigungen. Sie ähneln den Abschreibungen in ihrer Wirkung auf den Nettogewinn – sind aber für die Berechnung der Owner Earnings zu neutralisieren, da sie den operativen Cashflow nicht beeinflussen.

Hinweis: Diese Positionen finden sich im Cash Flow Statement unter dem operativen Cashflow als Korrekturposten zum Jahresüberschuss.

Kapitalkosten für Instandhaltung (Maintenance CapEx)

Anstelle der Abschreibungen berücksichtigt Buffett bei den Owner Earnings die durchschnittlichen Investitionen zur Erhaltung des Geschäftsbetriebs – die sogenannten Maintenance Capital Expenditures (Maintenance CapEx). Nur diese Ausgaben sichern den Status quo eines Unternehmens und sind daher bei der Ermittlung der tatsächlichen Ertragskraft relevant.

In der Praxis wird jedoch selten zwischen Ersatz-, Erweiterungs- und Wachstumsinvestitionen unterschieden. Stattdessen werden Investitionen oft nach Anlageklassen wie Maschinen oder IT strukturiert. Die genaue Höhe der Maintenance CapEx ist daher nicht öffentlich ersichtlich und muss vom Investor geschätzt werden.

Hinweis: Die Schätzung der Mainenance CapEx ist nicht standardisiert und hängt stark von den Annahmen des jeweiligen Analysten ab. In der Praxis sind sowohl detaillierte Analysen als auch vereinfachte Durchschnittswerte über mehrere Jahre üblich.

Prognose der Instandhaltungskosten mit Multiplikatoren

Eine praktikable Methode zur Abschätzung der Instandhaltungskosten (Maintenance CapEx) ist der Einsatz von Multiplikatoren. Dabei greifen Investoren auf zwei Kennzahlen zurück:

  • Sachanlagenbindung (Anlagevermögen im Verhältnis zum Umsatz)
  • Investitionsquote (Investitionen im Verhältnis zum Anlagevermögen)

Beide Kennzahlen werden in Prozent angegeben und liefern – kombiniert mit Umsatzprognosen – eine Näherung für die künftig erforderlichen Instandhaltungsinvestitionen.

Vorgehensweise:

  • Durchschnittliches Anlagevermögen der letzten fünf Jahre aus der Bilanz ermitteln
  • Durchschnittlicher Umsatz der letzten fünf Jahre aus der GuV
  • Sachanlagenbindung berechnen (Anlagevermögen ÷ Umsatz)
  • Zukünftige Umsätze prognostizieren oder auf Analystenschätzungen zurückgreifen
  • Erwartetes Anlagevermögen aus Umsatzprognose und Sachanlagenbindung ableiten
  • Investitionsquote auf das erwartete Anlagevermögen anwenden

Diese Methode setzt voraus, dass die Sachanlagenbindung und Investitionsquote über die Zeit relativ stabil bleiben. Sie liefert keine exakte, aber eine plausible Schätzung der Maintenance CapEx – besonders dann, wenn detaillierte Investitionsangaben fehlen.

Berechnung der Maintenance CapEx

Die notwendige Formel für die Berechnung lauten:

Sachanlagenbindung=\frac{Anlagevermögen}{Umsatz}*100
Investitionsquote=\frac{CapEx}{Sachanlagen}*100
erwartetes~Anlagevermögen=Sachanlagenbindung*prognostizierte~Umsätze
erwartete~Instandhaltungskosten=erwartetes~Anlagevermögen *Investitionsquote

Verwendung der CapEx (vereinfachtes Verfahren)

Im Vergleich zu mehrstufigen Berechnungsverfahren können Investoren auch auf vereinfachte Methoden zurückgreifen. Die Wahl der Methode ist dabei abhängig vom gewünschten Detaillierungsgrad und dem Aufwand, den ein Investor bereit ist zu unternehmen.

Beispielsweise können Investoren für die Berechnung der Owner Earnings auf die Kapitalkosten, die CapEx, des aktuellen Jahres zurückgreifen. Alternativ ist auch ein Durchschnitt der letzten Berichtsjahre denkbar. Die Verwendung der CapEx hat dabei tendenziell geringere Owner Earnings zur Folge als eine detaillierte Ermittlung. Das liegt daran, dass in den CapEx auch Aufwendungen für Neu- oder Erweiterungsinvestitionen enthalten sein können.

Diese dienen nicht der Werterhaltung, sondern der Schaffung neuer Werte. Damit finden sie per Definition keine Berücksichtigung in den Owner Earnings. Dennoch können Investoren diesen Ansatz als konservative Ermittlungsmethode anwenden. Im Rahmen der weiteren Berechnungen erhöht sich dadurch praktisch ihre Margin of Safety.

Bedeutung des Working Capital im Kontext der Owner Earnings

Das Working Capital, auch „Betriebskapital“ genannt, beschreibt die Finanzmittel, die ein Unternehmen für den regulären Geschäftsbetrieb benötigt. Dieser Wert ergibt sich aus dem Umlaufvermögen, das um kurzfristige Verbindlichkeiten reduziert wird.

Im Kontext der Owner Earnings ist zu berücksichtigen, dass im Working Capital nur operative Positionen berücksichtigt werden dürfen. Bankguthaben, die beispielsweise über das notwendige Maß hinausgehen, gehören nach diesem Ansatz nicht zum Working Capital eines Unternehmens. Für die Ermittlung der Owner Earnings kann auch vollständig auf die Berücksichtigung liquider Mittel verzichtet werden.

Hier ist auch die Rede vom Non-Cash Working Capital, also dem Working Capital ohne liquide Mittel. Es zeigt, wie viel Kapital tatsächlich im operativen Geschäft gebunden ist. Dieses wird wie folgt berechnet.

Non-Cash~Working~Capital=Forderungen+Lagerbestände-kurzfr.~Verbindlichkeiten

Analyse von Veränderungen im Working Capital

Änderungen im Working Capital lassen sich über das Cash Flow Statement oder durch Vergleich zweier Bilanzen erkennen. Dazu benötigt ein Investor die Bilanz der aktuellen und der vorherigen Periode. Auf Basis dieser Daten kann eine sogenannte Bewegungsbilanz erstellt werden, die die Veränderungen einzelner Bilanzposten nachvollziehbar macht.

Es gibt zwei gängige Methoden zur Analyse:

  • Direkter Vergleich: Differenz des Working Capital zwischen zwei Zeitpunkten.
  • Summierung von Einzelveränderungen: Addition der Veränderungen bei Forderungen, Vorräten und kurzfristigen Verbindlichkeiten.

Beide Methoden führen zum gleichen Ergebnis.

Ein sinkendes Working Capital wirkt sich positiv auf die Owner Earnings aus, da das Unternehmen weniger Kapital bindet und somit mehr freie Mittel für die Anteilseigner zur Verfügung stehen. Im Gegensatz dazu reduzieren steigende Working Capital-Anforderungen die Owner Earnings, weil mehr Kapital im operativen Betrieb gebunden wird.

Interpretation der Owner Earnings

Die Owner Earnings zeigen, ob ein Unternehmen für seine Investoren wirtschaftlich profitabel ist. Positive Werte stehen für Überschüsse, die potenziell für Dividenden, Schuldentilgung oder Reinvestitionen zur Verfügung stehen – und damit den Shareholder Value steigern. Negative Werte deuten dagegen auf Verluste oder unzureichende Mittelzuflüsse hin.

Aussagekraft im Kontext

Für sich genommen bieten Owner Earnings nur eingeschränkte Aussagekraft, da sie wichtige Faktoren wie Kapitalstruktur, Unternehmensgröße oder Marktumfeld nicht berücksichtigen. Ihre Stärke liegt im Vergleich – entweder:

  • zwischen Unternehmen (Branchenvergleich) oder
  • über mehrere Jahre hinweg (Zeitreihenanalyse)

Unternehmensvergleich

Im Branchenvergleich lassen sich Owner Earnings als Maßstab für die operative Profitabilität heranziehen. Um die Vergleichbarkeit zu erhöhen, empfiehlt sich die Relation zu anderen Größen – etwa als Return on Assets (ROA) auf Basis der Owner Earnings. So wird auch die Kapitalintensität berücksichtigt.

Zeitreihenanalyse

In der Zeitreihe zeigen Owner Earnings, wie sich die wirtschaftliche Substanz eines Unternehmens entwickelt. In Kombination mit qualitativen Faktoren wie Strategie oder Managementveränderungen ergibt sich ein fundiertes Bild der operativen Entwicklung. Stetig steigende Owner Earnings gelten als positives Signal, rückläufige Werte als Warnzeichen.

Weiterführende Anwendung

Der wahre Mehrwert der Owner Earnings liegt in ihrer Verwendbarkeit als Grundlage für Bewertungen. Sie können z. B. in einer modifizierten KGV-Berechnung (PE Ratio) oder als Ersatz für Cashflows im Discounted Cash Flow (DCF)-Verfahren dienen. Dabei werden erwartete Owner Earnings zur Ermittlung des Unternehmenswerts diskontiert.

Owner Earnings vs. Free Cash Flow (FCF)

Teilweise werden die Begriffe Owner Earnings und Free Cash Flow (FCF) synonym benutzt. Dies ist jedoch nicht korrekt, da es sowohl bei der Ermittlung als auch in der Aussagekraft der Werte Unterschiede gibt. Gemeinsam ist beiden Kennzahlen, dass sie auf tatsächlichen Geldflüssen basieren und damit ein realitätsnahes Bild der finanziellen Lage eines Unternehmens vermitteln sollen.

Bewertung von Investitionen

Der Free Cash Flow (FCF) berücksichtigt ausschließlich die Zahlungsströme eines bestimmten Geschäftsjahres. Diese stichtagsbezogene Betrachtung kann bei stark schwankenden Investitionsausgaben (CapEx) zu verzerrten Ergebnissen führen – vor allem bei einmaligen Großinvestitionen oder ungewöhnlich niedrigen Ausgaben.

Im Gegensatz dazu basieren die Owner Earnings auf geglätteten Investitionskosten, indem nur die durchschnittlichen Maintenance CapEx (Instandhaltungsinvestitionen) einbezogen werden. Diese Annäherung reduziert die Volatilität gegenüber dem FCF und erlaubt eine stabilere Einschätzung der nachhaltigen Ertragskraft.

Beispielhafte Anwendung in der Bewertung

Ein Unternehmen investiert einmalig 20 Millionen Euro in den Bau einer neuen Fertigungshalle. Diese Ausgabe senkt den FCF im betreffenden Jahr erheblich. Bewertet ein Investor das Unternehmen auf Basis dieses Jahreswerts, entsteht ein verzerrtes Bild, da vergleichbare Ausgaben in den Folgejahren nicht zu erwarten sind.

Die Owner Earnings hingegen würden diesen Einmaleffekt herausrechnen, indem sie statt der vollen 20 Millionen nur die durchschnittlichen Instandhaltungsausgaben ansetzen, was zu einer konstanteren und aussagekräftigeren Bewertungsgrundlage führt.

Kurz: Während der FCF stark schwanken kann und kurzfristige Ausschläge abbildet, liefern Owner Earnings durch die Glättung der Investitionen konservativere und oft verlässlichere Werte. Werden hingegen die gesamten CapEx statt nur Maintenance CapEx verwendet, ähneln die Owner Earnings in ihrer Aussagekraft wieder dem FCF.

Umgang mit nicht zahlungswirksamen Positionen

Ein weiterer Unterschied betrifft den Umgang mit Aktienoptionen als Vergütungsbestandteil. Da deren Ausgabe keinen unmittelbaren Geldabfluss verursacht, wird sie im FCF nicht berücksichtigt – was zu einem höheren ausgewiesenen Cashflow führen kann.

Die Owner Earnings dagegen reduzieren den Wert um solche nicht zahlungswirksamen Positionen, da etwaige Verwässerungseffekte durch die Ausübung der Optionen für bestehende Aktionäre ökonomisch relevant sind.

Fazit: Owner Earnings und Free Cash Flow folgen ähnlichen Konzepten und können zu ähnlichen Ergebnissen führen. An einigen Stellen, wie beispielsweise der Bewertung der Investitionen oder der Berücksichtigung von Aktienoptionen, unterscheiden sich die Kennzahlen. Daraus folgt, dass die Owner Earnings tendenziell als die konservativere Kennzahl gelten.

Nachteile der Owner Earnings

Ein wesentlicher Nachteil der Owner Earnings ist ihre Komplexität. Die mathematische Formel ist zwar nicht kompliziert, die Methodik der Kennzahl erfordert jedoch ein nicht unerhebliches Hintergrundwissen. Kenntnisse der Bilanzierung und Bilanzanalyse sowie der Interpretation eines Geschäftsberichtes sind für die korrekte Ermittlung der Owner Earnings von Vorteil. Auch dann kann die detaillierte Ermittlung des korrekten Ertrages aufwändig und zeitintensiv sein. Dabei kommt es jedoch auf die Wahl des Berechnungsverfahrens an.

Subjektive Ergebnisse

Zusätzlich können die Owner Earnings abhängig vom jeweiligen Bewerter schwanken. Der Investor hat die Möglichkeit, einzelne Positionen zu berücksichtigen, außer Acht zu lassen oder deren Höhe zu schätzen. Hierbei können Abweichungen des Endwertes entstehen. Daher ist eine Verwendung der Owner Earnings kaum möglich, wenn der Investor sie nicht selbst gebildet hat. Andernfalls bleibt der Rechenweg möglicherweise unklar.

Vergangenheitsorientiert

Die Kennzahl selbst betrachtet außerdem nur die Vergangenheit eines Unternehmens. Prognosen und mögliche Zukunftsszenarien werden kaum berücksichtigt. Daher können die Owner Earnings nur ein Teil einer Unternehmensanalyse sein. Erst durch die Kombination mit anderen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen lassen die Owner Earnings konkrete Schlussfolgerungen aus Sicht eines Investors zu.

Owner Earnings Run Rate

Eine Kennzahl, die eng mit den Owner Earnings in Verbindung steht, ist die Owner Earnings Run Rate. Als Run Rate wird in der Betriebswirtschaft allgemein ein hochgerechnetes Ergebnis verstanden.

Erzielt ein Unternehmen beispielsweise Gewinne beziehungsweise Owner Earnings von 100.000 Euro in einem Quartal, können Investoren diesen Wert auf ein gesamtes Jahr hochrechnen. In diesem Beispiel ist eine Vervierfachung des Betrages notwendig, um den voraussichtlichen Jahresgewinn (400.000 Euro) zu erhalten.

In der Praxis kann die Verwendung der Run Rate auch Zyklen und saisonale Einflüsse ausgleichen sowie Annahmen für zukünftige Ergebnisse treffen. Dabei besteht jedoch das Risiko, dass sich die Werte nicht so entwickeln, wie bisher. Die Verwendung des DCF-Verfahrens auf Basis der Owner Earnings greift ebenfalls auf eine Form der Run Rate zurück.

Kurz: Die Owner Earnings Run Rate extrapoliert gegenwärtige Erträge in zukünftige Zeitperioden. Auf Basis von Quartalsergebnissen wird eine Annahme für das Jahresergebnis möglich.

Beispiel für die Berechnung der Owner Earnings

Ein Investor möchte in einen internationalen Sportartikelhersteller investieren. Drei Unternehmen befinden sich in der engeren Auswahl des Investors und sollen näher analysiert werden. Eines dieser Unternehmen ist die Schweiß AG. Die Schweiß AG veröffentlicht in ihrem Geschäftsbericht eine konsolidierte Konzernbilanz, GuV und ein Cash Flow Statement gemäß IFRS. Auf Basis dieser Dokumente möchte der Investor die Owner Earnings der Schweiß AG ermitteln.

Datenauswahl

Folgende Positionen sind Teil der GuV (Income Statement):

Kennzahlen
Erklärung
20XY in Tsd. EUR 20XX in Tsd. EUR
Net Sales Nettoumsatz 20.000 17.000
COGS Kosten des Umsatzes 10.000 9.000
Gross Profit Bruttogewinn 10.000 8.000
OPEX Selbstkosten 8.500 7.000
EBT Gewinn vor Steuern 1.500 1.000
Income Taxes Steuern 500 340
Net Income Jahresüberschuss / -fehlbetrag 1.000 660

Der wesentliche Vergleichs- beziehungsweise Ausgangswert für den Investor ist das Net Income. Die Schweiß AG weist einen Gewinn von einer Million Euro für das vergangene Jahr aus. Für die weiteren Berechnungen greift der Investor auf das Cash Flow Statement der Schweiß AG zurück.

Folgende Positionen sind dabei (auszugsweise) für den Investor relevant:

Kennzahlen Erklärung 20XY in Tsd. EUR
Non-Cash items Nicht zahlungswirksame Positionen
Depreciation & Impairment losses Abschreibungen & Wertminderungen 400
Foreign Exchange Gains Fremdwährungserträge -10
Changes in Working Capital Veränderungen des Working Capitals
Change in receivables Änderung der Forderungen -420
Change in inventories Änderung der Lagerbestände -630
Change in payables Änderung der Verbindlichkeiten 1.000
Investing Activities Investitionstätigkeiten
Purchase of intangible assets Kauf von immateriellen Vermögensgegenständen -70
Purchase of property, plant and equipment Kauf von Grundstücken, Anlagen und Betriebsausstattung -590

Rechenvorgang

Für seine Berechnungen nimmt der Investor an, dass die Werte der Investitionstätigkeit den Ersatzinvestitionen entsprechen. Bei der Berechnung des Working Capital lässt er die Cash-Position außer Acht.

Insgesamt ergibt sich folgende Ausgangssituation:

Nettogewinn=1.000.000~EUR
Abschreibungen=400.000~EUR
Andere~nicht~Cash-wirksame~Positionen=10.000~EUR
Kapitalkosten~für~Instandhaltung=590.000~EUR+70.000~EUR=660.000~EUR
Änderungen~im~Working~Capital=-420.000~EUR-630.000~EUR+1.000.000~EUR=-50.000~EUR

Resultat

Daraus ergibt sich folgendes Ergebnis:

Owner~Earnings=1.000.000~EUR+400.000~EUR-10.000~EUR-660.000~EUR-50.000~EUR=680.000~EUR

Die Owner Earnings liegen insgesamt 320.000 Euro unterhalb des ausgewiesenen Nettogewinnes. Das ist in diesem Beispiel unter anderem darauf zurückzuführen, dass die tatsächlichen Investitionsaufwendungen über den angesetzten Abschreibungen lagen.

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