Börsenpsychologie – Definition & Bedeutung

Autor: Philipp Berger

Börsenpsychologie ist ein Sammelbegriff für verschiedene Untersuchungen psychologischer Faktoren, die das Verhalten und die Entscheidungsfindung von Marktteilnehmern am Aktienmarkt beeinflussen. Eng verwandt ist der Begriff mit der Forschungsrichtung der Behavioral Finance, der Lehre von den Auswirkungen der Psychologie auf Anleger und Finanzmärkte. Börsenpsychologische Forschungen im engeren Sinne konzentrieren sich darauf zu erklären, warum es Anlegern oft an Selbstkontrolle zu mangeln scheint, sie gegen ihre eigenen Interessen handeln und Entscheidungen auf der Grundlage persönlicher Vorurteile treffen anstatt auf der Grundlage von objektiven Fakten.

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Was ist Börsenpsychologie? – Definition

Börsenpsychologie beschäftigt sich mit den Emotionen, Voreingenommenheiten und kognitive Verzerrungen, die Markttrends und Wertpapierkurse bestimmen, und die Auswirkungen dieser Faktoren auf den Anlageerfolg. Dabei gelten Gier und Angst als zwei der wichtigsten Emotionen an der Börse, da sie die Entscheidung eines Anlegers, Aktien zu kaufen oder zu verkaufen, stark beeinflussen können.

Die vorherrschende Verhaltensweise und die Gesamtstimmung der Marktteilnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt wird ebenfalls als Börsenpsychologie bezeichnet. Diese kann ausschlaggebend dafür sein, inwieweit es einem Anleger gelingt, einen Gewinn zu erzielen. Zudem kann sie eine Erklärung dafür liefern, warum er hohe Verluste erlitten hat.

Eines der ersten Bücher über die Handelspsychologie wurde 1912 von George Charles Selden mit dem Titel „Psychology of the Stock Market“ veröffentlicht.

Der Homo Oeconomicus und die Börsenpsychologie

„Traditionelle“ Theorie (normative Wirtschaftstheorie)

In der neoklassische Wirtschaftstheorie werden Marktakteure als Homo oeconomicus angesehen: Ein komplett rational agierender, kühl kalkulierender Mensch. Immer vollkommen informiert und strebend nach Gewinnmaximierung. Im Fokus steht eine normative Überlegung: Wie sollten sich Marktteilnehmer verhalten, wenn sie rational agieren?

Diese Annahme mag in bestimmten Phasen und Märkten und unter bestimmten Marktteilnehmern tendenziell zutreffen. Doch in der Verhaltensforschung wurden inzwischen zu viele Verhaltensmuster erkannt – sogenannte kognitive Verzerrungen oder psychologische Fallstricke – als dass beim Menschen von einem solch stets rationalen Akteur ausnahmslos die Rede sein kann.

Verhaltensorientierte Betrachtung (Behavioral Finance)

Nur selten gelingt es uns, derart nüchtern zu entscheiden – gerade in der Kapitalanlage. Vielmehr werden unsere Anlageentscheidungen von individuellen Motiven, Einstellungen, Bewertungen und der unterschiedlichen Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen beeinflusst.

Eine börsenpsychologische Betrachtung berücksichtigt diese menschlichen Schwächen. Sie beschreibt, was tatsächlich beobachtet werden kann, nicht, was laut Wirtschaftstheorie „sein sollte“. Wichtige Wegbereiter für die moderne Verhaltensforschung waren Daniel Kahneman und Amos Tversky, die unter anderem für den internationalen Bestseller „Schnelles Denken, langsames Denken“ bekannt sind.

Einflussfaktoren

Die Einflussfaktoren der Börsenpsychologie sind komplex und vielschichtig, lassen sich aber grob in fünf Hauptkategorien einteilen, darunter:

  1. Emotionale Faktoren: Emotionen können bei Marktteilnehmern zu großen Verwerfungen führen, wenn sie beispielsweise zu optimistisch sind und versuchen, ihre Ziele kurzfristig zu erreichen. Emotionen wie Angst und Gier spielen aber leider eine große Rolle bei der Gestaltung des Anlegerverhaltens auf dem Aktienmarkt und können dazu führen, dass sich die Marktpreise von ihrem zugrundeliegenden „fairen“ Wert entfernen (fair value), was häufig Preisblasen und Börsencrashes zur Folge hat.
    Beispiele: Herden-Effekt (Herding), Angst, Gier etc.
  2. Heuristiken („Daumenregeln“): Heuristiken sind eine Art Daumenregel bei der Entscheidungsfindung, um Entscheidungsprozesse zu vereinfachen, wenn schlichtweg zu viele Informationen und Unsicherheitsfaktoren vorliegen. So nachvollziehbar das Problem ist, neigt der Mensch häufig dazu, mit fragwürdigen und fehlerhaften Daumenregeln gegen zuarbeiten. Wir machen also regelmäßig Fehler bei der Informationsverarbeitung.
    Beispiele: Ankereffekte, Recency Effekt, Confirmation Bias, Hindsight Bias, Home Bias etc.
  3. Self Deception (deutsch „Selbsttäuschung“): Bei der Selbsttäuschung oder Selbstbeschränkung gehen wir fälschlicherweise davon aus, dass wir genug wissen, um eine gut durchdachte Entscheidung zu treffen. In Wirklichkeit ist das aber nicht der Fall. Wir brauchen weitere Informationen, um fundiert entscheiden zu können.
    Beispiele: Over-Confidence-Effekt, Hindsight-Bias etc.
  4. Framing: Framing-Effekte beschreiben die Tendenz von Menschen, Entscheidungen gegenüber einem bestimmten Referenzpunkt zu bewerten – was rationalerweise allerdings nicht immer sinnvoll ist. Trotz objektiv gleicher Situation neigen Menschen dazu, je nach Veränderung des Frames unterschiedliche Entscheidungen zu treffen. An der Börse ist einer dieser Frames der Einstandskurs bei Investments, der häufig eine ungerechtfertigt hohe Bedeutung bei der Entscheidungsfindung, bspw. über den Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, innehat.
    Beispiele: Verlustaversion (Loss Aversion), House-Money-Effekt, Mentale Buchführung (Mental Accounting) etc.
  5. Soziale Beeinflussung: Das soziale Umfeld spielt eine erhebliche Rolle für das menschliche Verhalten. „Soziale Beeinflussung“ erklärt, warum Menschen Investitionsentscheidungen auf der Grundlage des Verhaltens anderer Anleger treffen, auch wenn das nicht sinnvoll ist. Der Effekt „Soziale Beeinflussung“ überlagert sich in einzelnen Verhaltensweisen mit anderen oben aufgezählten Kategorien.
    Beispiele: Herden-Effekt etc.
Kategorien der Behavioral Finance mit Beispielen

Kognitive Verzerrungen

Eine kognitive Verzerrung (engl. „cognitive bias“) ist ein systematischer Denk- und Entscheidungsfehler, der oft unbewusst ist und das Verhalten der Menschen auf vorhersehbare Weise beeinflusst. Im Kontext der Börsenpsychologie können kognitive Verzerrungen zu irrationalen und emotionsgesteuerten Anlageentscheidungen führen, die häufig suboptimale Anlageergebnisse zur Folge haben.

Bildlich erklären kann man kognitive Verzerrungen am besten anhand gewöhnlicher optischer Täuschungen. Obwohl viele optische Täuschungen seit der Kindheit bekannt sind, also kognitiv „erlernt“, hilft uns das nicht dabei, in der optischen Wahrnehmung dennoch wieder auf die Täuschung „hereinzufallen“. Das Wissen über die optische Täuschung schützt uns also nicht direkt vor der Täuschung selbst. Folgendes Beispiel veranschaulicht diesen Gedanken:

Optische Täuschung als Beispiel einer kognitiven Verzerrung

Zu den gängigsten kognitiven Verzerrungen in der Aktienpsychologie gehören übermäßiges Vertrauen, Verankerung, Herdentrieb und die Bestätigungsvoreingenommenheit.

  • Übermäßiges Vertrauen kann etwa dazu führen, dass ein Anleger seine Fähigkeit zur Vorhersage von Aktienkursen überschätzt und übermäßig riskante Investitionen tätigt.
  • Ankereffekt verleitet einen Anleger bei seinen Anlageentscheidungen dazu, sich beispielsweise zu sehr auf vergangene Aktienbewegungen zu verlassen, anstatt die aktuellen Marktbedingungen zu berücksichtigen.
  • Herdentrieb „treibt“ einen Anleger dazu, die Masse zu folgen und ähnliche Anlageentscheidungen wie diese zu treffen, unabhängig davon, ob diese fundiert sind.
  • Bestätigungsfehler fokussiert auf Informationen, die den vorgefassten Meinungen des Anlegers bestätigen, und ignoriert Informationen, die diese widersprechen.

Das Verständnis dieser und anderer kognitiver Verzerrungen kann Anlegern helfen, ihren Einfluss zu vermeiden und rationalere Anlageentscheidungen zu treffen. Eine weiterführende Erläuterung der wichtigsten Börsenverzerrungen erfolgt in den folgenden Artikeln.

Nutzen der Börsenpsychologie

Ein tiefgreifendes Verständnis der börsenpsychologischer Verhaltensverzerrungen kann Anlegern in mehrfacher Hinsicht zugutekommen:

  • Selbstakzeptanz
    Ein zentraler Vorteil des Verständnisses verschiedener psychologischer Verzerrungen ist, dass das eigene Verhalten besser nachvollzogen werden kann. Die „eingebauten“ Entscheidungsfehler können wir nämlich leider nicht vollständig abstellen, ähnlich, wie wir bei optischen Täuschungen auch immer wieder dieselbe Täuschung wahrnehmen. Akzeptieren wir jedoch, dass wir diese Entscheidungsfehler ohnehin nicht ganz abstellen können, können effektivere Maßnahmen abgeleitet werden: Beispielsweise die Formulierung eines Regelwerkes oder das Buchführen vergangener Investitionen oder Trades.
  • Erfolgsorientierte Entscheidungsfindung
    Durch das Verständnis der psychologischen Faktoren, die an der Börse präsent sind, können Anleger fundiertere und rationalere Anlageentscheidungen treffen. Das verringert das Risiko emotionaler Fehler und trägt dazu bei, kostspielige Fehler zu vermeiden.
  • Effektiveres Risikomanagement
    Börsenpsychologie kann von großer Relevanz bei der Bestimmung der Marktvolatilität und des Risikos sein. Das Verständnis dieser Dynamik kann Anlegern helfen, Finanzrisiken besser einzuschätzen und passendere Risikomanagementstrategien zu erstellen.
  • Höhere Renditen
    Indem sie die negativen Auswirkungen psychologischer Verzerrungen vermeiden oder eindämmen, können Anleger ihre allgemeine Anlageperformance verbessern und im Zeitverlauf potenziell höhere Renditen als der Marktdurchschnitt erzielen.
  • Geringerer Stress
    Investieren kann eine sehr emotionale und beschwerliche Erfahrung sein, insbesondere in volatilen Märkten. Durch das Verständnis der psychologischen Börsenkräfte können Anleger ihre Emotionen besser steuern und den Stress beim Investieren verringern.
  • Bessere langfristige Performance
    Investoren, die fundiertere und rationalere Anlageentscheidungen treffen, können ihre langfristigen Erfolgschancen erhöhen und finanzielle Ziele, wie etwa finanzielle Freiheit, zügiger erreichen.

Bedeutung der Börsenpsychologie bei der Geldanlage

Börsenpsychologie ist ein komplexes und vielschichtiges Thema, das eine zentrale Stellung bei der Gestaltung von Markttrends und Aktienkursen einnimmt. Von Emotionen wie Angst und Gier bis hin zu kognitiven Verzerrungen und sozialen und individuellen Faktoren – eine Vielzahl psychologischer und marktbezogener Faktoren beeinflusst den Finanzmarkt.

Das Verständnis der Handelspsychologie kann zwar schwer sein aufzubringen, ist aber ein wichtiger Bestandteil erfolgreicher Investitionen und vor allem: erlernbar. Wenn Anleger diese psychologische Dynamik in ihre Anlagestrategien einbeziehen, können sie fundiertere Entscheidungen treffen, das Risiko verringern und ihre Rendite potenziell steigern.

Häufige Fragen

Was lehrt uns die Börsenpsychologie?

Da es sich bei den Marktakteuren um Menschen handelt, können Märkte als Summe menschlicher Entscheidungen angesehen werden. Herdenverhalten und andere irrationale Tendenzen wie Panikverkäufe oder irrationaler Optimismus können dann zu Preisblasen oder Überreaktionen bei Vermögenswerten führen. Wenn wir die Existenz der Marktpsychologie anerkennen, können wir verstehen, dass die Märkte nicht immer effizient oder rational sind, sondern in kurzen Phasen zwischen Effizienz und Ineffizienz pendeln.

Wie kann man die Börsenpsychologie zu seinem Vorteil nutzen?

Der Blick ins innere Selbst hilft zu erkennen, wann die börsenpsychologische Effekte – bspw. Emotionen wie Angst oder Gier – zu überverkauften oder überkauften Bedingungen führen. Sie können dann gegenläufige Geschäfte tätigen, indem Sie bspw. kaufen, wenn die Märkte überverkauft sind, und verkaufen, wenn sie überkauft sind. Hierfür benötigen sie emotional unabhängige Methoden wie bspw. eine Aktienanalyse, die in einem Regelwerk festgeschrieben ist.

In welchen Märkten ist die Börsenpsychologie präsent?

Börsenpsychologie lässt sich in allen Anlageklassen beobachten, von Aktien und Anleihen bis hin zu Devisen, Zinssätzen und Kryptowährungen.

Wie kann man die aktuelle psychologische Verfassung der Börse messen?

Es gibt mehrere Indikatoren für die generelle Marktstimmung, die man betrachten kann, wie bspw. den VIX (Volatilitäts-Index), der den Absicherungsbedarf des Gesamtmarkts und somit implizite Angst oder Gier auf dem Markt misst. Auch technische Analysetools können verwendet werden, um die Stimmung an einem Markt auf der Grundlage historischer Kursbewegungen zu ermitteln.

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