Survivorship Bias (Überlebenden-Verzerrung) – Definition & Beispiel

Autor: Maik Engelkamp Inhaltlich geprüft von: Philipp Berger

Der Survivorship Bias (deutsch: “Überlebenden-Verzerrung”) beschreibt eine kognitive Verzerrung, bei der Erfolgswahrscheinlichkeiten aufgrund der stärkeren Sichtbarkeit von erfolgreichen Entwicklungen systematisch überschätzt werden. Nicht erfolgreiche Entwicklungen werden hingegen zu wenig berücksichtigt. Auf die Börse übertragen beschreibt der Survivorship Bias grundsätzlich Verzerrungen, durch die bestimmte falsche Einschätzungen auf Basis von versehentlich nicht repräsentativen Wertentwicklungen von bspw. Aktienindizes oder Investmentfonds abgeleitet werden.

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Was ist der Survivorship Bias? – Definition

Als Survivorship Bias wird die kognitive Verzerrung bezeichnet, bei der Erfolgswahrscheinlichkeiten systematisch überschätzt werden, da nicht erfolgreiche Zustände nicht oder nicht repräsentativ berücksichtigt werden.

Der Survivorship Bias ist eine kognitive Verzerrung (cognitive bias), die häufig am Kapitalmarkt zu beobachten ist, sodass hierbei in der Börsenpsychologie von einem „Investor Bias“ gesprochen wird. Die Überlebenden-Verzerrung kann in Folge von oder komplementär zu anderen Heuristiken aus der Verhaltensökonomie (Behavioral Finance) auftreten.

Ursachen des Survivorship Bias

Das Auftreten des Survivorship Bias lässt sich grundsätzlich auf die zur Analyse herangezogenen Daten zurückführen. Da die Überlebenden-Verzerrung auf Datenlücken nicht erfolgreicher Zustände begründet ist, liegen die Ursachen dieses Phänomens meistens in einem der folgenden Prozessschritte:

  • Datenerhebung: Während der Datenerhebung kann es zu einem Fehlverhalten kommen, bei dem nicht erfolgreiche Datenpunkte bewusst oder unbewusst ausgeschlossen werden.
  • Datenaufbereitung: Im Zuge der Datenaufbereitung kann es dazu kommen, dass nicht erfolgreiche Daten im Nachhinein aus den Gesamtdaten exkludiert werden.
  • Datenanalyse: Werden die Daten analysiert, kann es dazu kommen, dass der Fokus ausschließlich auf erfolgreiche Zustände gelegt wird, anstelle nicht erfolgreiche Zustände zu berücksichtigen.

Sobald ein Fehlverhalten in einem der Prozessschritte auftritt, vererbt sich dieser durch die weiteren Schritte durch.

Beispiel für den Survivorship Bias

Ein bekanntes Beispiel für den Survivorship Bias liegt in einer Analyse der US-amerikanischen Fliegerstaffel im Zweiten Weltkrieg. Hier galt der Auftrag, die Panzerung der Flugzeuge an bestimmten Stellen zu verstärken, woraufhin die aus dem Gefecht zurückkehrenden Flugzeuge analysiert wurden. Die initiale Idee: Im Bereich der häufigsten Einschusslöcher sollten die Flugzeuge stärker gepanzert werden (siehe Abbildung).

Survivorship Bias am Beispiel einer Analyse der US-amerikanischen Fliegerstaffel im Zweiten Weltkrieg
Survivorship Bias am Beispiel einer Analyse der US-amerikanischen Fliegerstaffel im Zweiten Weltkrieg. Angelehnt an: Martin Grandjean (vector), McGeddon (picture), Cameron Moll (concept) (CC BY-SA 4.0)

Diese Herangehensweise unterlag aber sprichwörtlich dem Survivorship Bias, da ein Fehler in der Datenerhebung gemacht wurde: Nur die “überlebenden” Flugzeuge wurden in die Analyse einbezogen. Es war deshalb ratsam, die Flugzeuge gerade nicht in Bereichen mit häufigen Einschusslöchern zu verstärken, da Flugzeuge mit diesen Treffern eben trotzdem heimkehren konnten.

Stattdessen sollten die Flugzeuge vielmehr gerade dort verstärkt werden, wo besonders wenige Treffer bei zurückkehrenden Flugzeugen gemessen werden konnten – also bspw. Cockpit und Antrieb. Die Schlussfolgerung: Flugzeuge, die in diesen Bereichen getroffen wurden, gelang es gar nicht erst, zurückzukehren. Dort ist also eine Verstärkung der Panzerung am effektivsten.

Auftreten des Survivorship Bias an der Börse

Auf die Börse übertragen beschreibt der Survivorship Bias beispielsweise eine Verzerrung, bei der die Wertentwicklung von Aktienindizes oder Investmentfonds als repräsentative Stichprobe betrachtet wird, ohne jedoch zwischenzeitliche Unternehmensinsolvenzen oder gescheiterte Investmentfonds zu berücksichtigen. Es werden hierbei ausschließlich die “überlebenden” Titel für die weiteren statistischen Analysen berücksichtigt. In Konsequenz kann die Überlebenden-Verzerrung dazu führen, dass Zukunftsperspektiven systematisch überbewertet werden.

Survivorship Bias bei Investmentfonds

Der Survivorship Bias entsteht bei Investmentfonds dadurch, dass viele Fonds auf dem Investmentmarkt vom Investmentmanager aus verschiedenen Gründen geschlossen werden, sodass die bestehenden Fonds an der Spitze des Anlageuniversums stehen. Bereits geschlossene Investmentfonds sind infolgedessen weniger sichtbar.

Es wurden zahlreiche Studien durchgeführt, die sich mit dem Survivorship Bias und seinen Auswirkungen befassen. Schon 2004 berichtete der Wall Street Journal, dass die durchschnittlichen Renditen von Aktienfonds sowohl enttäuschend als auch überbewertet sind. Morningstar veröffentlichte 2017 einen Forschungsbericht mit dem Titel „The Fall of Funds: Why Some Funds Fail“ (Warum einige Fonds scheitern), in dem Fondsschließungen und ihre negativen Folgen für die Anleger erörtert werden.

Es gibt zwei Hauptgründe für das Schließen von Fonds.

  • Zum einen kann es sein, dass der Fonds keine große Nachfrage erfährt und daher die Mittelzuflüsse die Aufrechterhaltung des Fonds nicht rechtfertigen.
  • Andererseits kann ein Fonds von einem Investmentmanager aufgrund der Wertentwicklung geschlossen werden.

Die Schließung aufgrund der Wertentwicklung ist in der Regel am häufigsten. Infolgedessen gibt es Tendenzen, dass die Gesamtperformance der Investmentfondsbranche zu positiv geschätzt wird, da einzelne schlecht-performende Fonds regelmäßig exkludiert werden, positiv-performende Fonds hingegen erhalten vermehrt Mittelzuflüsse.

Survivorship Bias bei Marktindizes

Der Survivorship Bias entsteht in Zusammenhang mit Marktindizes einerseits dadurch, dass gerade Unternehmen, die in prominenten Marktindizes gelistet sind, häufig als qualitativ hochwertig angesehen werden, weil sie in diesen Indizes gelistet sind.

Allerdings werden Indizes regelmäßig neu formiert, was dazu führt, dass regelmäßig Unternehmen aus den Indizes ausscheiden und neue Unternehmen nachrücken. Als Beispiel dafür werden in der nachfolgenden Grafik, die DAX-Absteiger aus den Jahren 1990 bis 2022 aufgeführt. Nur wenige, wie z.B. Infineon AG, schafften ein Comeback wieder.

DAX-Absteiger (1990-2022)

In den Indizes sind also zu jedem Zeitpunkt nur die “überlebenden” Unternehmen inkludiert, während ausgeschlossene Unternehmen nicht mehr sichtbar sind. Die Inklusion in einen prominenten Index ist also eine Momentaufnahme und somit kein robuster Hinweis auf die nachhaltige Unternehmensqualität.

Survivorship Bias bei Wachstumsaktien (Growth Stocks)

Gerade in Bezug auf Wachstumsaktien lässt sich der Survivorship Bias häufig beobachten und kann bei Nichtbeachtung zu hohen Verlusten aufseiten der Investoren führen. Besonders in starken Bullenmärkten erfreuen sich Wachstumsaktien häufig einer starken Beliebtheit. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass die hohen Aktienkurse (bspw. gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis) durch enorme Wachstumspotenziale begründet werden. Allerdings können Aktien dieser Kategorie häufig nur geringe bis keine Gewinne in der Unternehmenshistorie vorweisen.

Die fehlende Ertragskraft führt folglich zu einem erhöhten Risiko in der jeweiligen Aktie. Anleger, die Wachstumsaktien besonders stark fokussieren, argumentieren häufig mit berühmten Erfolgsgeschichten von ehemaligen Wachstumsaktien, die die Erwartungen erfüllt und anschließend für ihre Investoren hohe Gewinne erwirtschaftet haben.

Solche Argumentationen sind ein weiteres Beispiel für den Survivorship Bias an der Börse, da ausschließlich die Unternehmen, die überlebt haben, in die Argumentation und die Zukunftsprognosen der Wachstumsaktien einbezogen werden. Zudem werden all diejenigen Unternehmen, die nie den Schritt in die Profitabilität geschafft haben, aus der Betrachtung ausgeschlossen, obwohl diese keinen unerheblichen Anteil an der gesamten Aktienkategorie und somit hierauf basierenden Strategien ausmachen.

Auswirkungen des Survivorship Bias auf Investoren

Der Survivorship Bias führt dazu, dass Investoren häufig Erfolgsaussichten oder Renditeerwartungen überschätzen. Da grobe Misserfolge von Investmentfonds oder Einzelunternehmen weniger sichtbar sind, entsteht ein verzerrtes Bild eines Fonds, einer Branche oder eines Indexes. Werden Entscheidungen auf Basis des Survivorship Bias getroffen, kann dies dazu führen, dass Risiken unterschätzt werden und zu viel Kapital allokiert wird.

Unternehmen, die beispielsweise aufgrund von Insolvenzen aus dem Index ausscheiden, haben somit ein äußerst geringes Gewicht in der Gesamtanalyse, was dazu führt, dass die Ergebnisse quasi ausschließlich die Daten der überlebenden Unternehmen repräsentieren. Werden Investitionsentscheidungen auf dieser Basis getroffen, führt dies zu einer systematischen Überschätzung der Zukunftsaussichten, was wiederum zu einer Vernachlässigung des Risikomanagements führen kann.

Survivorship Bias beim Investieren überwinden – 2 Tipps

Der Survivorship Bias kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass das eigene Risikomanagement vernachlässigt wird und auf Basis von fehlerhaften Einschätzungen überproportional viel Kapital in Einzelinvestments allokiert wird. Ist man sich der Überlebenden-Verzerrung bewusst, kann dem allerdings proaktiv entgegengewirkt werden.

Tipp 1: Systematisiertes Investieren

Das Verfolgen eines systematisierten Investitionsansatzes ist eine Möglichkeit kognitiven Verzerrungen, wie dem Survivorship Bias entgegenzuwirken. Hierzu werden feste Regelwerke und Abläufe in den Investitionsprozess integriert, um sicherzustellen, dass keine groben Fehler gemacht werden. Empfehlenswert ist es ebenfalls, ein Regelwerk zur Portfoliostrukturierung zu inkludieren, welches dabei hilft, das Risikomanagement zu optimieren. Somit kann ausgeschlossen werden, dass grobe Fehlentscheidungen getroffen werden, die sich folglich stark auf das Gesamtportfolio auswirken.

Tipp 2: Analyse der Fundamentaldaten

Gerade bei Investitionen, die auf der Analyse historischer Indexdaten zu einzelnen Branchen beruhen, kommt es zu einer systematischen Überschätzung der potenziellen Wertentwicklung oder Stabilität der inkludierten Unternehmen aufgrund des Survivorship Bias. Dem kann entgegengewirkt werden, indem nach oder anstelle der Branchenanalyse die Fundamentaldaten des Einzelunternehmens analysiert werden. Die Fundamentaldaten geben einen deutlich robusteren Eindruck über die tatsächlichen Chancen und Risiken, die sich aus einem Investment in das Unternehmen ergeben können.

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