Aktien bei Deflation – Bedeutung & Auswirkungen

Autorin: Inhaltlich geprüft von: Philipp Berger

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Was ist Deflation? – Definition

Für den privaten Verbraucher bedeutet Deflation: Sie erhalten für denselben Geldbetrag mehr Güter und Dienstleistungen. Deflation liegt vor, wenn der Verbraucherpreisindex (engl: Consumer Price Index) negativ ausfällt.

Grundsätzlich können sinkende Preise Folge 

  • einer sinkenden Nachfrage (Änderung auf der Nachfrageseite, wird häufiger beobachtet) und/oder
  • eines steigenden Angebots (Änderung auf der Angebotsseite) sein.

Dementsprechend fällt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage geringer aus als das gesamtwirtschaftliche Angebot. Um die Nachfragelücke bzw. das Überschussangebot zu beseitigen, muss der gleichgewichtige Preis sinken.

Nachfragelücke als Ursache für Deflation
Nachfragelücke führt zu sinkenden Preisen auf dem Markt

In aller Regel haben Zentralbanken (z.B. EZB, Fed) das Ziel eines mittel- bis langfristig stabilen Preisniveaus, welches häufig mit einer jährlichen Wachstumsrate von nahe 2% definiert wird. Denn von stabilen Preisen bezieht letztlich jeder einen Nutzen. 

Wie entsteht eine deflationäre Phase?

Eine Deflation kann generell ein schleichender Prozess sein – begründet durch eine Deflations-/Abwärtsspirale: Wenn Verbraucher davon ausgehen, dass Preise allmählich sinken, schieben sie ihren Konsum in die Zukunft auf.

Dies führt zu einer abnehmenden gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, sodass Unternehmen ihre Preise senken und zudem tendenziell ihre Produktion reduzieren sowie Arbeitskräfte entlassen müssten. Dies führt zu einem geringeren Einkommen. Die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen nimmt weiter ab, wodurch die Preise wiederum sinken.

Ferner kann eine Deflation auch plötzlich entstehen. Dann spricht man von einem deflationären Schock, meist ausgelöst durch eine abrupte Reduktion der Nachfrage.

Beispielsweise wurde in den Medien ein deflationärer Schock während des Ausbruchs der Corona-Pandemie im Jahr 2020/2021 diskutiert. Im Zuge verschiedener (staatlicher) Maßnahmen brach die Nachfrage insbesondere nach bestimmten Dienstleistungen (z.B. Hotelübernachtungen, Kinobesuche) zusammen. Auch der Ölpreis sank (kurzfristig) auf ein Rekordtief.  

Warum ist eine Deflation so gefährlich?

Es gibt mehrere Aspekte, die mit einer sinkenden Preisentwicklung einhergehen können. Dazu gehören u.a.:

  • Einbruch der Konjunktur
    Wenn der Verbraucher erwartet, dass die Preise für Güter und Dienstleistungen in Zukunft sinken werden, verlagert er seinen Konsum eher in die Zukunft. Dies gilt vor allem für langlebige Güter. Beispielsweise kauft ein Kunde lieber später ein Auto, um von einem sinkenden Preis profitieren zu können. Darunter leidet jedoch die Autoindustrie. Als Folge müsste die Produktion gesenkt werden. Arbeitsplätze werden abgebaut und ggf. sinken auch die Löhne. Die Arbeitslosigkeit steigt. Schließlich kann eine anhaltende Deflation zu einer wirtschaftlichen Rezession führen.   
  • Anstieg der realen Schuldenlast
    Eine Deflation ist insbesondere für Schuldner nachteilig. Fallende Preise sorgen dafür, dass der reale Gegenwert ihrer ausstehenden Schulden zunimmt. Ferner steigen die realen Zinsen (nominaler Zins minus negative Inflationsrate). Real bewertet steigen die Rückzahlungen bestehender Verpflichtungen. Eine mögliche Folge: Insolvenzen von Unternehmen treten vermehrt auf.
  • Reduktion der Investitionen 
    Da Unternehmen den Anstieg ihrer realen Schuldenlast vermeiden wollen, könnte die Nachfrage nach (zukunftsträchtigen, kapitalintensiven) Investitionen abnehmen. Ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum wird erschwert. 

Im Worst-Case-Szenario könnte eine anhaltende Deflation die Stabilität der Finanzmärkte ins Schwanken bringen, da letztlich keiner mehr Kredite nachfragen möchte.

Mögliche Folgen einer Deflation

Im Folgenden werden mögliche (Folge-)Wirkungen von Deflation zusammengefasst (zur Erläuterung siehe obige Abschnitte):

  • Grundsätzlich: Der Wert des Geldes steigt mit der Zeit.
  • Bei gleichbleibenden Ausgaben steigt der Konsum von Güter- und Dienstleistungen. Die Kaufkraft des Geldes nimmt zu. 
  • Das Geld auf Sparkonten nimmt real zu.
  • Gesamtwirtschaftliche Nachfrage sinkt, wodurch die konjunkturelle Entwicklung beeinträchtigt wird. (Nachfrage wird auf die Zukunft verschoben.)
  • Arbeitslosigkeit steigt.
  • Steuereinnahmen des Staates sinken.
  • Löhne sinken.
  • Reale Schuldenlast nimmt zu (gilt für alle Wirtschaftssubjekte, d.h. Staat, Unternehmen sowie Haushalte).
  • Es wird mehr gespart. 
  • Investitionen sinken.
  • Allgemeiner Geldmarktzinssatz sinkt.
  • Insolvenzen nehmen zu.
  • Finanzstabilität gerät in Gefahr.  
  • Wirtschaftliche Depression entwickelt sich.

Weitere Informationen: Die letzte weltweit ausgeprägte Deflation ereignete sich zwischen 1929 und 1932 im Zuge der Weltwirtschaftskrise (siehe weiter unten im Artikel). Ferner wurden in einzelnen Länder (z.B. Japan in den 1990er-Jahren oder Griechenland 2014) negative Inflationsraten beobachtet.

Im Allgemeinen profitieren vorwiegend Verbraucher und Sparer (kurzfristig) von einer Deflation. Und zu guter Letzt: Da sowohl der Konsum als auch die Investitionen aufgeschoben werden, gilt Deflation oftmals als schädlicher für die Wirtschaft als Inflation.

Was passiert mit Aktien bei Deflation?

In Zeiten der Deflation sinken nicht nur die Preise für Waren und Dienstleistungen, sondern im Allgemeinen auch die Aktienkurse. Gleichzeitig steigt der relative Wert von Bargeld. Dies reduziert die Anreize für Investitionen, was zu einem weiteren Rückgang der Aktienpreise führen kann.

Im Folgenden werden Aspekte zusammengefasst, die häufig mit dieser Frage in Verbindung gebracht werden.

Allgemeine Betrachtung

Aktien stellen eine Beteiligung am Unternehmen dar. Im Zuge einer Deflation sinken die allgemeinen Preise und tendenziell auch die nachgefragte Menge. Daher könnten Unternehmen weniger Geld (Umsätze) einnehmen, sodass die Gewinne und somit auch die Aktienkurse sinken könnten. Wenn allerdings die Produktionskosten der Unternehmen ebenso fallen, wären Unternehmensgewinne weniger von einer Deflation beeinträchtigt. 

Ferner spielen die Erwartungen der Anleger eine große Rolle. Gibt es Inflationserwartungen, obwohl “noch” Deflation vorherrscht? Sinkt die Deflationsrate bereits? Denn wenn Anleger angesichts der Deflationstendenzen einen Bärenmarkt erwarten, würden sie ihre Aktien möglicherweise verkaufen. Mit den frei gewordenen Geldern könnten sie dann in andere Assetklassen (z.B. Aktienanleihen, Rohstoffe) investieren. Der Druck auf sinkende Aktienkurse nimmt zu.  

Unternehmen mit Alleinstellungsmerkmal

Allerdings gibt es Unternehmen, die sich während einer deflationären Phase besser behaupten können als andere. Dazu zählen beispielsweise Unternehmen mit Alleinstellungsmerkmalen (auch “Burggraben”, “Wettbewerbsvorteile”). Der Grund: Die höhere Marktmacht versetzt die Unternehmen in die Lage, die Nachfrage ein wenig vom Preis zu lösen. 

Außerdem gelten Unternehmen, die Produkte des täglichen Bedarfs (z.B. Nahrungsmittel) herstellen, als krisenfest. Solche Unternehmen besitzen grundlegend den Vorteil, dass die Nachfrage unabhängig von den Preisen in etwa konstant bleibt, also relativ unelastisch ist.

Unternehmen mit geringeren Schulden

Zudem können sich Unternehmen mit geringeren Schulden (Fremdkapital) tendenziell besser vor den negativen Folgen einer Deflation schützen. Denn insbesondere im Zuge einer Deflation können hohe Schulden und sinkende Gewinne dazu führen, dass Unternehmen in Schwierigkeiten bei ihrer Rückzahlung geraten.

Die reale Schuldenlast nimmt zu. Dementsprechend kann es für den Aktionär profitabel sein, sich an Unternehmen mit geringer Verschuldung (bzw. hoher Eigenkapitalquote, geringerer Kapitalintensität) zu beteiligen.     

Unternehmen mit hohem Rohstoffeinsatz

Falls sich die Deflation überproportional stark auf die Entwicklung der Rohstoffpreise auswirkt, könnten Unternehmen mit einem hohen Rohstoffeinsatz (z.B. Erdöl, Holz, Stahl) profitieren. In diesem Fall würden ihre Produzentenpreise (engl. Producer Price Index (PPI)) sinken, möglicherweise gefolgt von steigenden Erträgen. 

Hinweis: Letztlich kommt es auch auf das Ausmaß der Deflation an, ob Aktien bestimmter Unternehmen eher fallen oder steigen werden.  

Gold vs. Aktien bei Deflation

Gold gilt als “sicherer Hafen”, vornehmlich für Geldanlagen in Krisenzeiten. Zudem ist Gold ein international anerkanntes Zahlungsmittel, das vorwiegend früher (zwischen 1870 und 1973) häufig verwendet wurde.

Wie sich der Wert von Gold und Aktien bei einer Deflation entwickeln würde, ist sehr ungewiss, da kaum empirische Ergebnisse vorhanden sind: Die letzte weltweit ausgeprägte Deflation ereignete sich etwa vor 90 Jahren. Außerdem befanden sich im Zuge der Zwischenkriegszeit mehrere Länder in einer Restaurierung des Goldstandards (als festes Wechselkurssystem, in dem der Goldpreis fix war). 

Daher fasst die folgende Tabelle lediglich grundlegende Aspekte von Value-Aktien und Gold zusammen:

Gold Value-Aktien
Allgemeine Beschreibung Vermögenswert Vermögenswert
Positive Aspekte + Krisenfeste Investitionsanlage

+ International anerkanntes Zahlungsmittel

+ Stetige Investitionsanlage

+ Erfolgsbeteiligung

+ Schafft Mehrwert

Negative Aspekte  Schafft keinen Mehrwert

Aufbewahrung wenig praktikabel

Da Realzinsen steigen, könnten Anleger vermehrt Anleihen statt Gold nachfragen

In Krisenzeiten signifikante, jedoch kurzfristige, Kursverluste möglich

Im Falle einer wirtschaftlichen Depression (z.B. hohe Arbeitslosigkeit, kaum Nachfrage) dürften letztlich alle Aktienpreise fallen 

Anleihen vs. Aktien bei Deflation

Im Zuge sinkender Preise steigt der Realzins. Denn der reale Zinssatz lässt sich approximativ mit der folgenden Näherungsformel berechnen:

Realzins = Zinssatz - Inflationsrate

Ein Beispiel: Bei einer Preissteigerungsrate von -0,5% (Deflation/negative Inflationsrate) und einem Zinssatz von 1%, steigt der reale Gegenwert auf 1,5%. 

Gängige Anleihen haben einen festen Kupon, den der Emittent festlegt. Falls die Zentralbank allerdings als Reaktion auf die allgemein sinkenden Preise die Leitzinssätze senken würde, dürfte der Kuponsatz auf neu herausgegebene Anleihen ebenso sinken. Zudem haben Eigenkapitalgeber (Aktionäre) grundsätzlich keinen Anspruch auf die Rückzahlung ihres Anlagebetrags.

Darüber hinaus gelten Anleihen als krisenfester. In der Summe erscheinen (bereits emittierte) Unternehmensanleihen sowie Staatsanleihen bei Deflation attraktiver zu sein als Aktien. 

Aktien während der Weltwirtschaftskrise

Die Weltwirtschaftskrise brach am 24. Oktober 1929 aus, auch bekannt als “Schwarzer Donnerstag”. Es folgten signifikante Kursstürze an den Börsen. Beispielsweise ist der Dow-Jones-Index innerhalb von sieben Tagen um mehr als die Hälfte seines Wertes gesunken. Zuvor hatten sich die Aktienkurse zwischen 1925 und 1929 verdreifacht (Quelle: Lebendiges Museum Online)    

Zur Veranschaulichung gibt die folgende Grafik (Quelle) die Entwicklung des S&P 500 (Index, der die Aktien von 500 der größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen umfasst) seit 1870 an.

Entwicklung des S&P 500 im Zeitverlauf
Entwicklung des S&P 500 im Zeitverlauf

Sowohl Inflation als auch Deflation sind abhängig von Erwartungen

Letztendlich ist das Ausmaß einer Deflation sowie einer Inflation abhängig von den Erwartungen der Verbraucher. Wenn Konsumenten eine deutliche Änderung der Preise vermuten, kann dadurch eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt werden: Die Tendenzen einer Deflation oder Inflation verfestigen sich weiter.

Auswirkungen einer Deflation auf Aktien sind sehr ungewiss, da kaum empirische Erkenntnisse vorliegen. Ist die Weltwirtschaft stark von negativen Preisentwicklungen betroffen, würden auch solide Unternehmen darunter leiden. Aktienkurse würden tendenziell zurückgehen. Um Verlustrisiken im Portfolio zu reduzieren, bietet sich grundsätzlich eine geschickte Diversifikation an.

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