Binomialmodell (Cox-Ross-Rubinstein-Modell) – Definition & Erklärung

Autor: Maik Engelkamp

Das Binomialmodell (Binomialbaummodell), auch bekannt als Cox-Ross-Rubinstein-Modell, ist eine Methode zur Optionsbewertung, die davon ausgeht, dass sich ein Aktienkurs entweder nach oben oder nach unten bewegen wird. Dabei wird in einem iterativen Verfahren die Wahrscheinlichkeit eines steigenden oder fallenden Aktienkurses für verschiedene Zeiträume ermittelt. Auf Basis dieser Wahrscheinlichkeiten werden Optionen auf diese Aktie bewertet.

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Binomialmodell – Definition

Das Binomialmodell ist ein Optionsbewertungsmodell, das immer von zwei möglichen Kursbewegungen ausgeht (ein steigender und ein fallender Kurs). Dabei verwendet das Binomialmodell mehrere Perioden zur Bewertung der Optionen.

Diese Zeitperioden bilden einen Binomialbaum. In diesem Baum gibt es bei jeder Iteration zwei mögliche Ergebnisse. Diese Ergebnisse stellen eine Bewegung nach oben oder unten im Baum dar. Anhand der Werte des Binomialbaums kann ein Trader bestimmen, wann eine Option ausgeübt werden könnte.

Wenn die Option einen positiven Wert hat, besteht die Möglichkeit der Ausübung, während eine Option mit einem Wert von weniger als Null lieber gehalten werden sollte.

Kurz: Das binomische Optionspreismodell ist eine Möglichkeit für Anleger, Optionen (das Recht, bestimmte Wertpapiere zu bestimmten Preisen zu kaufen oder zu verkaufen) im Zeitverlauf zu bewerten.

Grundsatz des Binomialmodells

Grundsätzlich besagt das Binomialmodell, dass der Preis der Aktie zwischen zwei Zeitpunkten entweder um den Faktor u (u wie up) steigen, oder um den Faktor d (d wie down) fallen kann. Dabei wird ein diskreter stochastischer Prozess zugrunde gelegt, d.h. das Modell unterliegt einem diskontinuierlichen Prozess mit abzählbaren Zeitabständen und zufälligen Vorgängen.

Es handelt sich daher um ein diskretes Modell, das auf einer sehr einfachen Betrachtung des Preisprozesses des Basiswertes (Underlying) basiert und den folgenden Annahmen zugrunde liegt:

Grundannahmen des Binomialmodells
Vollkommener Kapitalmarkt beliebige Kapitalanlage und Kapitalaufnahme zum risikofreien Zinssatz
beliebige Teilbarkeit der Wertpapiere keine Leeverkaufsbeschränkungen
keine Dividendenzahlungen während der Laufzeit Arbitragegewinne sind nicht möglich

Dieser Grundsatz unterscheidet das Binomialmodell vom Black-Scholes Modell, dem ein kontinuierlicher stochastischer Prozess zugrunde liegt, d.h. das Modell basiert auf einem stetigen Prozess mit nicht abzählbaren Zeitabständen und zufälligen Vorgängen.

Optionsbewertung mit dem Binomialmodell

Um die Option zu bewerten, muss ein Anleger den aktuellen Kurs einer Aktie, den Verfallstag der Option und den Ausübungspreis (Strike-Preis) der Option kennen.  Er sollte auch von einem konstanten, risikofreien Zinssatz ausgehen (beispielsweise von Staatsanleihen mit hervorragendem Credit Rating).

Damit kann der Optionswert für jede einzelne oder mehrere Perioden berechnet werden. Außerdem vereinfacht das Modell die Optionsbewertung, indem es von keiner Arbitragemöglichkeit ausgeht. Diese Übersichtlichkeit ermöglicht dem Anleger, den besten Zeitpunkt für die Ausübung der Option zu bestimmen.

Der Prozess beginnt mit einer anfänglichen Schätzung und wird in Iterationsschritten optimiert. Dann wird eine Reihe von näheren Schätzungen erstellt, um einen endgültigen Wert zu ermitteln. Im Falle des Binomialmodells kennt der Anleger den aktuellen Aktienkurs. Er muss dann schätzen, wie hoch der Aktienkurs am Verfallstag der Option sein wird.

Dieses Modell setzt voraus, dass es zwei mögliche Aktienkurse am Verfallstag und eine Wahrscheinlichkeit für jeden Kurs gibt. Zu jedem Zeitpunkt kann der Optionspreis steigen oder fallen. Dabei unterteilt es die Zeit zwischen dem jetzigen Zeitpunkt und dem Verfallstag in eine Reihe von Perioden, wie Wochen oder Monate. Bei jedem Schritt des Modells steigt oder fällt der Aktienkurs. Das Binomialmodell erstellt somit eine Binomialverteilung der möglichen Aktienkurse für eine Option bis zur Fälligkeit.

Vorteile des Binomialmodells

Ein wesentlicher Vorteil des Binomialmodells besteht darin, dass es einen Überblick über die möglichen Kurse der zugrunde liegenden Aktie in verschiedenen Zeiträumen gibt. Darüber hinaus bietet es Transparenz über den Wert der zugrunde liegenden Optionen in diesen Zeiträumen.

Ein Händler kann einfach den Kurs der zugrunde liegenden Aktie für jede Periode ablesen und mit der Veränderung des Optionspreises vergleichen. Es ist auch möglich, verschiedene Wahrscheinlichkeiten für jeden Schritt einzubeziehen.

Indem Optionen über verschiedene Zeitperioden hinweg bewertet werden, eignet sich das Binomialmodell besonders für die Bewertung von amerikanischen Optionen, da diese jederzeit vor ihrem Verfall ausgeübt werden können. Dies stellt einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen Bewertungsmodellen dar.

Nachteile der Methodik

Ein großer Nachteil des Binomialmodells ist, dass die Berechnungen, für eine große Anzahl von Optionen, länger dauern als bei anderen Modellen. Es ist daher nicht sehr nützlich, wenn viele Optionen schnell berechnet werden müssen.

Ebenso, eine wesentliche Einschränkung aller Preisbildungsmodelle besteht darin, dass die tatsächlichen Preise von Optionskontrakten von Angebot und Nachfrage an der Börse bestimmt werden und nicht von einer Formel, egal wie ausgeklügelt diese auch sein mag.

Black-Scholes-Modell vs. Binomialmodell

Das Black-Scholes-Modell bietet eine analytische Lösung für die Bewertung von Optionen auf der Grundlage kontinuierlicher Preisänderungen, während das Binomialmodell eine diskrete Zeitschrittmethode zur Bewertung von Optionen verwendet, die verschiedene mögliche Wege der Preisentwicklung und deren Wahrscheinlichkeiten berücksichtigt.

Das Black-Scholes-Modell wertet Preisabweichungen im Zeitverlauf aus, um den Preis einer Option zu bestimmen, und errechnet den Wert mit festen Inputs. Dazu gehören der aktuelle Aktienkurs, das Verfallsdatum, der Strike-Preis, der risikofreie Satz und die Volatilität. Das Binomialmodell dagegen bietet eine Möglichkeit, die Option über mehrere Zeiträume zu berechnen.

Aufgrund dessen eignet sich das Black-Scholes-Modell eher für europäische Optionen, die nur an ihrem Verfallsdatum ausgeübt werden können. Für amerikanische Optionen wird stattdessen das Binomialmodell verwendet.

Das Black-Scholes-Modell geht davon aus, dass die Option zum Zeitpunkt der Bewertung einen einzigen korrekten Wert hat. Das Binomialmodell geht nicht von einem einzigen aktuellen Wert aus, sondern liefert mehrere mögliche Werte für die Laufzeit der Option. Diese Transparenz bietet mehr Anwendungsmöglichkeiten für das Modell. So können beispielsweise in jeder Periode unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten eingegeben werden.

Beispiel für die Anwendung des Binomialmodells

Ein vereinfachtes Beispiel für einen Binomialbaum hat nur einen Schritt (einperiodiges Binomialmodell). Nehmen wir an, es gibt eine Aktie, deren Preis bei 100,00$ pro Aktie liegt. In einem Monat steigt der Kurs dieser Aktie um 10,00$ oder sinkt um 10,00$, wodurch folgende Situation entsteht:

  • Aktienkurs heute = 100,00$
  • Aktienkurs in einem Monat (Preissteigerung) = 110,00$
  • Aktienkurs in einem Monat (Preisverlust) = 90,00$

Nehmen wir weiter an, dass es eine Call-Option auf diese Aktie gibt, die in einem Monat ausläuft und einen Ausübungspreis von 100,00$ hat. Die Option befindet sich also aktuell am Geld (at the money).

Im Fall der Preissteigerung der Aktie ist diese Kaufoption 10,00$ wert und im Fall des Preisverlusts ist sie 0,00$ wert. Das Binomialmodell kann berechnen, wie der Preis der Kaufoption heute theoretisch sein sollte.

Aktienpreisberechnung

Zur Vereinfachung nehmen wir an, dass ein Anleger eine halbe Aktie kauft und eine Call-Option schreibt oder verkauft. Die heutige Gesamtinvestition ist der Preis einer halben Aktie abzüglich des Preises der Option, und die möglichen Auszahlungen am Ende des Monats sind:

  • Kosten heute = 50,00$ – Optionspreis
  • Portfoliowert (Aufwärtsbewegung) = 55,00$ – max (110,00$ – 100,00$, 0) = 45,00$
  • Portfoliowert (Abwärtszustand) = 45,00$ – max(90,00$ – 100,00$, 0) = 45,00$

Optionspreisberechnung

Die Auszahlung des Portfolios ist gleich, unabhängig davon, wie sich der Aktienkurs entwickelt. Bei diesem Ergebnis und unter der Annahme, dass es keine Arbitragemöglichkeiten gibt, sollte ein Anleger im Laufe des Monats den risikofreien Zinssatz verdienen. Die heutigen Kosten müssen gleich dem mit dem risikofreien Zinssatz für einen Monat abgezinsten Gewinn sein.

Die zu lösende Gleichung lautet somit:

  • Optionspreis = 50,00$ – 45,00$ x e ^ (-riskofreier Satz x T), wobei e die mathematische Konstante 2,7183 ist.

Unter der Annahme, dass der risikofreie Zinssatz 3,00% pro Jahr beträgt und T gleich 0,0833 ist (1/12, also ein Monat), beträgt der theoretische Preis des Calls heute 5,11$.

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