Shiller KGV (CAPE Ratio) – Erklärung & Berechnung
Das Shiller KGV (auch Shiller PE Ratio, CAPE Ratio oder Cyclically Adjusted Price-to-Earnings Ratio) ist eine Kennzahl zur Aktienbewertung, die den aktuellen Kurs ins Verhältnis zu den durchschnittlichen inflationsbereinigten Unternehmensgewinnen der letzten zehn Jahre setzt. Diese Glättung zyklischer Gewinnschwankungen bietet Anlegern eine Grundlage zur Beurteilung, ob eine Aktie oder Sektor über- oder unterbewertet ist, und kann bei langfristigen Anlageentscheidungen helfen.
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Shiller KGV – Definition
Das Shiller KGV (CAPE Ratio) ist eine erweiterte Form des klassischen Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV), im Englischen auch PE Ratio genannt. Dabei wird der Börsenkurs mit dem Durchschnitt der inflationsbereinigten Gewinne der letzten zehn Jahre verglichen. Ein hohes Ergebnis bedeutet, dass der Kurs im Verhältnis zu den Gewinnen hoch ist, was auf eine mögliche Überbewertung hinweist.
Die Berechnungsmethode des Shiller KGV ermöglicht eine Glättung der Gewinne, wodurch die Auswirkungen einzelner Jahre mit besonders hohen oder niedrigen Gewinnen minimiert werden. Dadurch wird die Kennzahl unabhängiger vom aktuellen Konjunkturzyklus. Dies ähnelt der Marktbewertung nach dem Buffett-Indikator, bei dem die Gewinnschwankungen ebenfalls keine Rolle spielen.
Berechnung der Shiller KGV
Das Shiller KGV berechnet sich aus dem aktuellen Kurs einer Aktie oder Aktienmarktes (z. B. des S&P 500) und dem Durchschnitt der inflationsbereinigten Gewinne der letzten 10 Jahre. Das Ergebnis wird als Dezimalzahl dargestellt. Ein Shiller KGV von 14 bedeutet, dass der Kurs 14-mal höher ist als der durchschnittliche Gewinn der vergangenen zehn Jahre.
Die Formel für die Berechnung lautet:
Interpretation und Bedeutung
Ein niedriges Shiller KGV deutet auf eine Unterbewertung, ein hohes auf eine Überbewertung hin. Allerdings ist eine isolierte Betrachtung wenig aussagekräftig – ein Vergleich mit anderen Unternehmen oder Branchen ist notwendig.
Ermittelt ein Investor für eine Aktie ein Shiller KGV von 16, zeigt erst der Branchenvergleich, ob dies günstig oder teuer ist. Liegen die Werte der Konkurrenz bei 20 bis 30, wirkt die Aktie günstig. Wenn die Vergleichswerte jedoch unter 10 liegen, wäre die Aktie relativ hoch bewertet.
Die CAPE Ratio ist in zyklischen Sektoren am nützlichsten bzw. aussagekräftigsten. Beispiele sind die Automobilindustrie, der Bausektor und Luxusgüter. Unternehmen in zyklischen Sektoren können starke Gewinnschwankungen aufweisen, die durch die Kennzahl gedämpft werden. Je stabiler die Unternehmensgewinne sind, desto mehr nähern sich die Ergebnisse dem klassischen KGV an.
Unterschied zwischen Shiller KGV, dem klassischen KGV sowie Forward KGV
Die drei Kennzahlen KGV, Shiller KGV und Forward KGV ähneln sich sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Dennoch handelt es sich um verschiedene Kennzahlen mit einer unterschiedlichen Aussagekraft.
KGV
Das KGV (PE Ratio) stellt die Basis dieser Kennzahlen dar. Der aktuelle Kurs eines Unternehmens oder einer Aktie wird mit dem Gewinn der letzten zwölf Monate ins Verhältnis gesetzt und ergibt das KGV.
Forward KGV
Für das Forward KGV (Forward PE Ratio) verwenden Investoren nicht die bisherigen Unternehmensgewinne, sondern greifen in der Regel auf Gewinnprognosen zurück. Die Kennzahl ist somit auf zukünftige Ereignisse ausgerichtet. Im Gegensatz zum KGV und zum Shiller KGV berücksichtigt das Forward KGV z.B., dass die Unternehmensgewinne kurzfristig steigen und damit eine aktuelle Überbewertung unter Umständen abbauen können.
Shiller KGV vs. KGV
Der Unterschied zwischen dem KGV und dem Shiller KGV zeigt sich beispielsweise während der Finanzkrise 2009 am Beispiel des S&P 500. In diesem Zeitraum brachen die Gewinne vieler Unternehmen ein. Aufgrund der sinkenden Gewinne stieg das KGV stark an. Im Vergleich dazu sank das Shiller KGV sogar leicht, da auch die Aktienkurse stark fielen.
Die Gewinne veränderten sich jedoch kaum, da nicht nur das letzte Jahr, sondern auch die zehn Jahre davor in die Gewinnberechnung einflossen. Folglich konnten Investoren aus dem KGV eine Überbewertung und aus dem Shiller KGV eine Unterbewertung ableiten. Dieser Umstand zeigt beispielsweise, dass die Aussagekraft einzelner Kennzahlen grundsätzlich begrenzt ist.
Nachteile der Shiller KGV
Das Shiller KGV wurde in der Vergangenheit auch unter Ökonomen kontrovers diskutiert. Dabei ging es um verschiedene Nachteile der Kennzahl. Einer davon ist die Vergangenheitsorientierung. Denn obwohl Investoren die Kennzahl für Prognosen nutzen können, basiert sie auf den Gewinnen der Vergangenheit und dem aktuellen Kurs.
Verlässliche Prognosedaten, die zum Beispiel von den Unternehmen selbst oder von Kapitalmarktanalysten stammen, fließen somit nicht ein. Aus diesem Grund ist die Eignung des Shiller KGVs als Prognoseinstrument umstritten.
Eine weitere Problematik ergibt sich aus den Rechnungslegungsstandards. Die Regelwerke (z.B. HGB, IFRS oder US-GAAP) für eine ordnungsgemäße Rechnungslegung haben sich in den letzten zehn Jahren geändert. Neben regionalen Unterschieden können daher auch die Gewinne eines Unternehmens aufgrund geänderter Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften voneinander abweichen. Beispielsweise wurde der Gewinn eines Unternehmens vor acht Jahren nach anderen Grundsätzen ermittelt als vor zwei Jahren. Dieser Umstand kann die Aussagekraft des Shiller KGVs einschränken.
Geringe Aussagekraft in den vergangenen Jahrzehnten
Zentraler Kritikpunkt an der Kennzahl ist jedoch, dass nicht alle Einflussfaktoren auf die Bewertung von Aktien berücksichtigt werden. Neben der Entwicklung der Unternehmen selbst können Aktienkurse beispielsweise durch Inflation, Zinsen und das konjunkturelle Umfeld beeinflusst werden. Die Inflation und das konjunkturelle Umfeld können mit dem Shiller KGV abgebildet werden. Die Zinsen hingegen werden von der Kennzahl nicht berücksichtigt.
Dieser Umstand kann eine Erklärung für den Aufwärtstrend des Shiller KGVs liefern. Seit Mitte der 1990er Jahre liegt das Shiller KGV für den S&P 500 Index fast durchgehend über seinem langfristigen Durchschnitt. Es deutet also auf eine Überbewertung hin. In den letzten 30 Jahren wären die Aktien des S&P 500 allerdings nur im Jahr 2009 kurzfristig unter ein Shiller-KGV von 14,6 gefallen, wie die folgende Grafik zeigt.
Folglich wäre eine Investition bei höheren Shiller-KGV-Werten weniger rentabel gewesen. Dennoch ist der S&P 500 Index seit den 1990er Jahren um mehr als 1.000 % gestiegen. Die Aussagen der Kennzahl und die reale Entwicklung widersprechen sich an dieser Stelle.
ECY (Excess CAPE Yield)
Die Nachteile der anhaltend hohen Shiller-KGVs und der fehlenden Berücksichtigung der Zinsen wurden auch von Robert Shiller erkannt. So haben US-Investoren wie Benjamin Graham oder Warren Buffett in den Jahren 2017 und 2018 festgestellt, dass aufgrund des niedrigen Zinsniveaus tendenziell höhere KGVs als in der Vergangenheit angemessen sein könnten. Unternehmen und Märkte, die nach KGV- oder Shiller-KGV-Kriterien überbewertet erscheinen, müssen dies also nicht zwangsläufig auch tatsächlich sein.
Aus diesem Grund hat Robert Shiller im November 2020 einen Artikel veröffentlicht, um die Kritik an seiner Kennzahl zu thematisieren. Als Ergebnis seiner Überlegungen hat er seine Kennzahl angepasst beziehungsweise eine Folgekennzahl erstellt. Es handelt sich dabei um das ECY (Excess CAPE Yield). Diese Kennzahl stellt grundsätzlich eine Invertierung (Umkehrung) des Shiller KGVs dar. Statt der Division des Kurses durch den Unternehmensgewinn wird der Gewinn durch den Kurs geteilt.
Zusätzlich wird von diesem Ergebnis der sogenannte risikofreie Zinssatz abgezogen, den ein Investor mit risikofreien Anlagen (z.B. Staatsanleihen) erzielen könnte. Die Analysemöglichkeiten des ECY ähneln denen des Shiller-KGVs, mit der Ausnahme, dass nun hohe Werte aus Investorensicht wünschenswert erscheinen. Das ECY wird jedoch als Prozentsatz angegeben, da es die jährliche Rendite eines Unternehmens nach Abzug des risikofreien Zinssatzes darstellt.
Die Formel für die Berechnung des Excess CAPE Yield lautet:
Weitere Informationen
Historie der Shiller-Kennzahl
Robert James Shiller, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften und renommierter Ökonom, der unter anderem an der Yale University lehrt, hat das Shiller KGV entwickelt. Es wurde erstmals 1988 angewandt und 1996 im Rahmen einer Studie für die Federal Reserve (Fed) einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Für seine empirische Analyse der Kapitalmarktpreise erhielt Shiller 2013 den Nobelpreis.
Anwendung der Shiller KGV
Prognosen erstellen (Zeitreihenanalyse)
Mit Hilfe des Shiller KGVs können Investoren Rückschlüsse auf die mögliche Entwicklung eines Marktes bzw. die zu erwartende Rendite ziehen. Dazu kann der historische Durchschnitt vergangener Shiller KGVs herangezogen werden. Wird dieser Durchschnitt überschritten, können Investoren von einer strukturellen Überbewertung ausgehen.
Die Gewinnaussichten wären dann tendenziell niedrig, da die Aktienkurse möglicherweise vor einer Korrektur stehen. Shiller KGVs unterhalb des langfristigen Durchschnitts signalisieren hingegen eine Unterbewertung. In diesem Fall können sich Chancen für Investoren ergeben, da z.B. für einen Euro Unternehmensgewinn ein geringerer Kurs (Kaufpreis) erforderlich ist als im Durchschnitt der letzten Perioden.
Steigt das Shiller KGV im Zeitablauf, können Investoren dies mit einer sinkenden zukünftigen Rendite verbinden. Eine sinkende Renditeerwartung bedeutet nicht zwangsläufig eine negative Renditeerwartung. Im Gegenteil, sinkende Werte des Shiller KGVs lassen auf steigende Kurse schließen.
Unter- und Überbewertungen erkennen
Wie auch beim klassischen KGV kann ein Investor mithilfe des Shiller KGVs einschätzen, ob gegenwärtig eine Unter- oder Überbewertung vorliegt. Dies kann insbesondere für Value Investoren eine wesentliche Entscheidungsgrundlage darstellen. Value Investoren versuchen gezielt, Aktien von Unternehmen zu erwerben, die unterbewertet sind, also unter ihrem inneren Wert notieren. Von diesen unterbewerteten Aktien erwarten sie in der Regel eine überdurchschnittliche Rendite.
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